#24 - Laura Korhonen - Österreichs einzige Profisängerin mit zwei Cochlea Implantaten
Shownotes
Hörgespräche: Sinnvolles aus dem Leben – Wöchentliche Interviews mit bewegenden Persönlichkeiten. Mehr dazu auf https://hoerenbewegt.at
Gast: Laura Korhonen Moderation: Carola Gausterer
Inhalt der Sendung: Musik hat im Leben der gebürtigen Finnin schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Neben ihrer Tätigkeit als Musiklehrerin tourt sie mit Ihrer Band „Satuo“ regelmäßig durch Österreich und begeistert Publikum und Fans.
Einige Jahre war es Laura nicht möglich, diesen Traum zu Leben. Zahlreiche Hörstürze prägten diese schwere Zeit, die folglich zu einer vollständigen Taubheit auf beiden Ohren führten. Schnell war klar, dass sie nur der Einsatz moderner Cochlea Implantate zurück in die Welt der Musik und Klänge bringen konnte. Voller Dankbarkeit wieder hören zu können, schaffte es die sympathische Wahl-Waldviertlerin, durch Rehabilitation und konsequentes Hörtraining heute wieder auf der Bühne zu stehen.
Erleben Sie ein sehr bewegendes Hörgespräch mit einer äußerst liebenswerten Musikerin auf ihrem Weg zurück zum Hören!
Über HÖREN BEWEGT: Alles um uns ist Kultur. Sie bedeutet die Gestaltung des Zusammenlebens, Traditionen, Geschichte Politik sowie den künstlerischen Ausdruck einer Gesellschaft. Die Pflege und Entwicklung jeglicher Form von Kultur erfordert zwischenmenschlichen Austausch. Welche entscheidende Rolle ein intaktes Gehör dabei zukommt, zeigt die Initiative HÖREN BEWEGT. Themen und Events zu Leben, Kunst, Bildung und vielem mehr lassen Sie eintauchen in die spannende und wunderbare Welt des Hörens! Mehr zur Initiative HÖREN BEWEGT auf https://hoerenbewegt.at
Über MED-EL:
MED-EL Medical Electronics, führender Hersteller von implantierbaren Hörlösungen, hat es sich zum vorrangigen Ziel gesetzt, Hörverlust als Kommunikationsbarriere zu überwinden. Das österreichische Familienunternehmen wurde von den Branchenpionieren Ingeborg und Erwin Hochmair gegründet, deren richtungsweisende Forschung zur Entwicklung des ersten mikroelektronischen, mehrkanaligen Cochlea-Implantats (CI) führte, das 1977 implantiert wurde und die Basis für das moderne CI von heute bildet. Damit war der Grundstein für das erfolgreiche Unternehmen gelegt, das 1990 die ersten Mitarbeiter aufnahm. Heute beschäftigt MED-EL weltweit mehr als 2200 Personen aus ca. 75 Nationen in 30 Niederlassungen.
Das Unternehmen bietet die größte Produktpalette an implantierbaren und implantationsfreien Lösungen zur Behandlung aller Arten von Hörverlust; Über 200.000 Menschen in 124 Ländern hören mithilfe eines Produkts von MED-EL.
Mehr zu MED-EL auf https://medel.com
Transkript anzeigen
00:00:00: Mir geht es sehr gut, das kann ich wirklich sagen. Ich habe das Gefühl,
00:00:05: dass ich mein Leben und noch mehr zurückbekommen habe. Das heißt,
00:00:10: Hören hat für dich, deshalb nochmals zum Eingang unseres Gesprächs, Hören hat für
00:00:14: dich eine ganz besondere Bedeutung. Schon, ja. Ich bin einfach so dankbar. Wir sollten
00:00:21: das auch nicht so selbstverständlich sehen, zu hören, weil es nicht selbstverständlich ist.
00:00:47: Hallo! Schön, dass Sie wieder dabei sind, herzlich Willkommen bei den Hörgesprächen - Sinnvolles
00:00:51: aus dem Leben mit spannenden und vor allem interessanten Gästen aus den verschiedensten
00:00:55: Bereichen des Lebens. Der Fokus liegt bei uns natürlich ganz klar beim Thema Hören. Heute
00:01:01: haben wir eine Sängerin, Musikerin, Musiklehrerin zu Gast, zweifache Mama, extra aus dem Waldviertel
00:01:08: angereist zu uns. Ich freue mich sehr, dass du da bist. Laura Korhonen ist bei uns, hallo! Hallo,
00:01:13: Dankeschön. Herzlich Willkommen! Jetzt musst du erklären, Korhonen - woher kommt deine Familie
00:01:18: ursprünglich? Also, ich komme aus Helsinki, aber ich bin schon sehr lange in Österreich,
00:01:23: ich bin aber in Helsinki aufgewachsen. Bei uns geht es um das Hören. Was bedeutet Hören für dich?
00:01:29: Hören bedeutet für mich sehr viel und seit ein paar Jahren noch mehr als ich früher gedacht habe
00:01:37: eigentlich. Auch wenn man nicht hört, bedeutet das für mich mehr als früher. Wenn man wieder hört,
00:01:47: das bedeutet für mich noch mehr. Jetzt müssen wir erklären, warum. Man sieht es ja schon, du bist
00:01:53: beidseitig operiert. Genau. Cochlea-Implantate. Deshalb hat Hören für dich noch mehr Bedeutung
00:02:00: erlangt, weil du eine Zeit lang nicht gehört oder sehr schlecht gehört hast. Genau. Erzähl
00:02:04: mir einmal deine ganze Geschichte. Es kam zu Hörstürzen. Genau, genau. Was ist da passiert?
00:02:11: War da eine Stresssituation? Was ist da passiert? Ja, das ist eine gute Frage. Ich glaube, viele,
00:02:16: viele Sachen sind auf einmal passiert, aber ich höre eigentlich seit 2009 schlecht. Also,
00:02:23: ich bin 2009 nach Wien gekommen, weil ich hier Jazzgesang studieren wollte. Ich wollte zuerst nur
00:02:30: ein Jahr hier bleiben und einfach Gesang studieren bei der Jazzsängerin Ines Reiger. Also, ich bin
00:02:39: im September nach Wien gekommen und im November eines Tages habe ich mich irgendwie ganz komisch
00:02:45: gefühlt. Ich habe dann meiner Gesangslehrerin gesagt, dass, wenn ich mein Ohr berühre,
00:02:50: dann höre ich das nicht. Und mir ist ein bisschen schwindlig und ich habe einen Tinnitus. Damals
00:02:54: habe ich nicht gewusst, was das ist. Ich habe das eine Woche lang ignoriert und meine Lehrerin hat
00:03:00: mich dann sofort nach der Gesangsstunde ins Spital, ins AKH geschickt. Sie hat gewusst,
00:03:05: was das ist. Sie hatte schon einen Hörsturz gehabt, also sie hat sich gut ausgekannt. Und
00:03:10: im AKH haben sie mich sofort hineingenommen und mein Gehör ist wieder mit Cortison zurückgekommen.
00:03:18: Wie lange hat das gedauert? Eine Woche. Also, ich habe mit dem linken Ohr schlechter gehört so ein
00:03:27: paar Tage und dann ist mein Gehör langsam wieder zurückgekommen, aber dann hatte ich zum ersten
00:03:31: Mal richtig viel Tinnitus, aber dann ist mein Gehör wieder zurückgekommen und ich habe dann
00:03:37: weiterstudiert. Hast du dir gar nichts dabei gedacht, hast du dir gesagt, ok, das ist jetzt
00:03:41: wieder alles in Ordnung? Ja, schon, ja. Ich habe mich irgendwie nicht gestresst oder erschöpft
00:03:47: gefühlt. Natürlich war es eine große Veränderung allein nach Wien zu kommen, auch wegen der Sprache
00:03:54: Deutsch und Englisch und alles war neu für mich, aber es war trotzdem ganz überraschend. Und dann
00:04:00: leider 2010 rund um Ostern habe ich wieder einen Hörsturz bekommen und dann habe ich
00:04:07: sofort gewusst, was es ist. Ich bin dann sofort selber ins AKH gegangen. Also, nicht eine Woche
00:04:13: wieder gewartet, sondern gleich? Ja, genau, gleich, weil ich sofort gewusst habe, was
00:04:18: jetzt passiert und ich wusste, ich muss schnell sein. Dann ist leider mein Gehör links nicht
00:04:25: mehr zurückgekommen. Also, ich habe Cortison bekommen, sie haben auch eine kleine OP gemacht,
00:04:30: die heißt Tympanotomie, aber mein Gehör ist dann nicht mehr zurückgekommen. Ich hatte
00:04:33: schon Restgehör, aber ich habe mit dem linken Ohr deutlich schlechter gehört. Aber da stürzt,
00:04:40: kann ich mir vorstellen, eine Welt zusammen. Du bist Musikerin, du bist Lehrerin... Ja. Was ist in
00:04:46: dir vorgegangen? Ja, es war natürlich ein riesiger Schock, aber ich war gleichzeitig so dankbar,
00:04:54: dass ich noch ein Ohr hatte. Ich konnte eigentlich mit dem rechten Ohr ganz gut weiterstudieren und
00:05:03: ich habe eine Band gegründet, ich habe meinen Mann kennen gelernt. Wir haben unsere Band gegründet.
00:05:11: Wie heißt die Band? Du musst gleich ein bisschen Werbung machen. Bitte? Wie heißt die Band? Satuo.
00:05:14: Satuo heißt Märchen auf Finnisch. Wir waren zuerst ein Duo, also deswegen ein Satuo. Genau.
00:05:21: Das heißt, die Zeit war sehr aufregend und da ist viel passiert. Ja. Und du hast das linke Ohr ein
00:05:28: bisschen ignoriert? Ja, eigentlich schon, musste ich auch, weil die Ärzte im AKH mir auch gesagt
00:05:37: haben, dass mein Gehör links wahrscheinlich nicht mehr zurückkommt, aber es ist sehr,
00:05:41: sehr unwahrscheinlich, dass dasselbe rechts auch passieren würde. Und das habe ich auch
00:05:46: gedacht und dann habe ich einfach weiterstudiert und wie gesagt Musik gemacht. Viele Jahre später
00:05:53: waren wir in Prag auf Tour, ich und Aron, mein Mann, zu zweit. Und dort, das war unser letztes
00:06:00: Konzert, wir hatten viele Konzerte in Prag und Budapest und auch in Österreich und da war ich
00:06:05: schon erschöpft. Das habe ich schon gespürt. Wir wollten heimfahren und ich bin im Auto
00:06:11: eingeschlafen und als ich dann munter geworden bin, habe ich rechts einen Hörsturz gehabt. Also,
00:06:17: dann habe ich plötzlich mit beiden Ohren kaum etwas gehört. Dann habe ich auch sofort gewusst,
00:06:22: ok, ich habe jetzt wieder einen Hörsturz gehabt. Es war ein sehr unangenehmes Gefühl. Wir sind dann
00:06:27: nicht in Tschechien ins Spital gefahren, sondern wieder ins AKH. Wir haben auch
00:06:32: angerufen und gesagt, dass wir jetzt kommen. Da sind auch die Spezialisten zu Hause. Ja,
00:06:35: genau und sie haben mich schon gekannt. Ich habe mich dort irgendwie sicher und wohl gefühlt,
00:06:39: deswegen sind wir dann hingefahren und mein Gehör ist wieder zurückgekommen. Es kam wieder? Es kam
00:06:45: wieder mit Cortison. Ich war wieder eine Woche drinnen. Und dann habe ich zum ersten Mal gedacht,
00:06:52: ok, das ist möglich, dass ich mit meinen beiden Ohren wahrscheinlich oder vielleicht irgendwann
00:06:59: nicht mehr hören kann. Das war das erste Mal, dass du das für dich ausgesprochen hast? Genau, obwohl
00:07:06: die Ärzte mir schon so oft gesagt haben, das ist sehr unwahrscheinlich, dass das passiert. Das
00:07:10: passiert sicher nicht und machen Sie sich keine Sorgen. Aber dann habe ich mir gedacht, ok,
00:07:13: es kann wirklich passieren und dann habe ich das ein bisschen bearbeitet, aber gleichzeitig auch
00:07:20: ignoriert, weil sonst wäre es für mich schwieriger gewesen, weiter zu leben. Ich wollte nicht nur
00:07:26: Angst haben. Das ist eben auch ein großes Thema, oder? Genau, genau. Besonders weil ich Musik
00:07:32: machen wollte. Ja und ohne Gehör? Ja, genau. Das geht doch nicht, oder? Nein, das geht gar
00:07:39: nicht. Das geht gar nicht, du singst, du spielst welche Musikinstrumente? Als Kind habe ich Geige
00:07:44: gespielt und dann Klavier und ich singe. Also, ich habe dann wirklich Gesang studiert. Ja, dann
00:07:52: kam das Gehör zurück. Ja, genau. Was ist denn dann passiert? Dann habe ich viele, viele Jahre wieder
00:07:59: Ruhe gehabt. Dann verdrängt man das wahrscheinlich auch ein bisschen, oder? Auch, ja. Ja, natürlich,
00:08:03: aber in meinem Leben sind auch viele Änderungen passiert. Ich bin Mutter
00:08:08: geworden und wir wollten dann nicht mehr in Wien leben, sondern am Land. Wir haben ein Haus gebaut,
00:08:14: dann habe ich auch 1 1/2 Jahre mit meiner Schwiegermama gelebt und das waren viele, viele
00:08:19: große Veränderungen für mich. Die Umstellung. Und dann war ich zum zweiten Mal schwanger und wir
00:08:25: haben auch viele Konzerte mit der Band gehabt. Wir haben auch zwei Alben aufgenommen mit nur
00:08:32: einem Ohr. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich nur mit dem rechten Ohr eigentlich gut klarkomme.
00:08:34: Es war schon immer ein bisschen ein Kampf und ich habe dann manchmal auch Hörgeräte gehabt,
00:08:40: auf der Bühne oder so. Aber ein bisschen schlecht zu hören, war auch normal für mich. Aber es ist
00:08:49: viel passiert. Wie laut ist denn die Musik, wenn du sagst, du hast mit Hörapparaten gearbeitet,
00:08:53: damit du überhaupt singen kannst? Wie war denn das auf der Bühne? Ist das eine laute Musik?
00:08:58: Kannst du deine Musik beschreiben, die du machst? Dass wir uns vorstellen können, wie laut das auf
00:09:02: der Bühne für dich gewesen ist. Unsere Musik ist schon lauter als akustische, klassische Musik zum
00:09:11: Beispiel. Also, wir mischen Jazz mit Pop und Folk Musik. Wir haben ein Schlagzeug, eine E-Gitarre
00:09:18: und einen E-Bass oder Kontrabass und ich singe natürlich mit dem Mikrofon. Also sozusagen,
00:09:22: wir haben schon laut gespielt. Dann ziehen die Jahre ins Land. Genau und ich bin dann
00:09:32: zum zweiten Mal schwanger geworden 2017. 2018 im Sommer habe ich dann meine zweite
00:09:41: Tochter bekommen. Die Geburt war sehr schwierig, aber ich habe mich mit dem Baby irgendwie nicht
00:09:50: müde oder erschöpft gefühlt. Also, irgendwie ist alles problemlos gelaufen mit dem zweiten Kind,
00:09:59: mit dem Baby und dem Alltag. Eines Tages habe ich trotzdem wieder einen Hörsturz bekommen, rechts.
00:10:06: Aus dem Nichts heraus? Eigentlich schon. Wenn ich aber jetzt zurückdenke, dann waren da schon viele
00:10:15: Veränderungen gleichzeitig. Also, wahrscheinlich war ich erschöpft, ohne dass ich das gewusst
00:10:20: habe. Ja, man funktioniert vielleicht auch einfach, verdrängt das Ganze ein bisschen. Ja,
00:10:24: das sowieso. Als Mutter muss man funktionieren. Ich habe meinen Hörsturz rechts in der Nacht
00:10:34: bekommen, am Abend hatte ich ein komisches Gefühl. Und dann habe ich gedacht, ich glaube,
00:10:41: dass ich einen Hörsturz bekomme und das habe ich meinem Mann auch gesagt. Ich hatte irgendwie
00:10:45: so ein komisches Gefühl, weil mein Tinnitus lauter war. Dann bin ich schlafen gegangen und
00:10:50: dann in der Nacht aufgewacht und habe einen Hörsturz gehabt. Wie ist das? Wie weiß ich,
00:10:55: dass ich einen Hörsturz habe? Wie äußert sich das? Also, mir war immer schlecht,
00:11:02: schwindlig und mein Tinnitus war sehr laut und man hört schlechter. Also, es war ein
00:11:11: sehr unangenehmes Gefühl. Du hast gesagt, es ist mitten in der Nacht passiert. Wartet man dann bis
00:11:17: alle aufstehen und sagt man dann, es ist schon wieder so weit. Oder hast du gleich deinen Mann
00:11:21: aufgeweckt und ihr seid ins AKH gefahren? Ja, ja. Dieses Mal sind wir dann nur nach Zwettl gefahren
00:11:26: ins Spital. Dort habe ich dann wieder Cortison bekommen und mein Gehör ist wieder zurückgekommen.
00:11:35: Ich war dann natürlich sehr erleichtert. Ich habe das Baby auch mitgehabt im Spital und dann war ich
00:11:41: eine Woche im Spital. Dann bin ich heimgekommen, aber zwei Tage nachher habe ich leider hohes
00:11:48: Fieber bekommen. Wahrscheinlich habe ich eine Bakterie aus dem Spital bekommen. Eine bakterielle
00:11:52: Entzündung? Ja. Ich habe dann Sepsis bekommen, also ich musste dann zurück ins Spital. Ich war
00:12:00: sehr krank. Ach du meine Güte mit dem kleinen Kind auch. Ja, ich habe gestillt und ich wollte
00:12:06: nicht abstillen. Es hat dann gedauert bis sie herausgefunden hatten, was ich hatte und welches
00:12:11: Medikament ich bekommen darf, weil ich gestillt habe. Dann war ich wieder eine Woche im Spital,
00:12:18: aber ich bin dann Gott sei Dank wieder gesund geworden. Ich war wirklich sehr krank. Das hatte
00:12:24: wahrscheinlich nichts mit dem Hören zu tun. Aber das kam dann kurz darauf? Ja, genau. Dann bin ich
00:12:30: wieder heimgekommen und dann habe ich wieder einen Hörsturz bekommen. Der wievielte war das
00:12:37: jetzt dann? Das war 2018, das war zum zweiten Mal. Ich weiß nicht warum, aber mein Gehör ist
00:12:46: irgendwie... Ich hatte den Hörsturz gehabt, dann ist mein Gehör wieder ein bisschen zurückgekommen,
00:12:51: dann wieder weggegangen und zurückgekommen. Wir sind dann nach Krems gefahren und ich
00:12:56: habe verschiedenste Ärzte besucht. Sie haben auch gedacht, dass ich vielleicht nur Morbus Menière
00:13:03: habe, weil mir auch so schwindlig war, aber dann doch nicht. Sie haben auch nicht gewusst,
00:13:08: was sie mit mir machen sollten. Aber dann Ende November ist mein Gehör nicht mehr zurückgekommen.
00:13:14: Nicht mehr... Ich hatte noch ein bisschen Restgehör, das schon. In St. Pölten haben sie
00:13:23: mir dann gesagt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass mein Gehör zurückkommt, sehr gering ist.
00:13:28: Sie haben mir damals sofort gesagt, dass, wenn ich wieder hören möchte, dann brauche ich schon
00:13:34: die Implantate. Stürzt da eine Welt zusammen für einen, gerade wenn man Musiker ist? Also,
00:13:43: damals war die Musik eigentlich sehr unwichtig für mich. Es waren schon irgendwie die Kinder,
00:13:49: das Baby, das so abhängig von mir war. Dann hört man ja nicht einmal das Baby schreien oder... Ja,
00:13:56: das auch natürlich. Also, mein Mann musste dann in der Nacht aufstehen. Eigentlich immer noch,
00:14:03: weil ich in der Nacht ohne Implantate schlafe. Er ist zuständig in der Nacht,
00:14:06: aber natürlich, das Baby war dann immer neben mir und ich habe gestillt und das Baby schon gespürt,
00:14:10: aber ich musste einfach überleben mit den Kindern. Und die Musik... Ich hatte keine
00:14:20: Zeit für das Trauern, ich konnte mir keine Sorgen machen. Ich musste nur schauen, dass unser Alltag
00:14:25: funktioniert und dass ich so gut wie möglich funktioniere. Was ist dann passiert im November?
00:14:31: Wie schnell kam der Entschluss, ich brauche jetzt zwei Implantate, zwei Cochlea-Implantate? Wie
00:14:36: schnell kam es dann zur OP? Wie ist die Geschichte weitergegangen? Also, ich habe den ersten Termin
00:14:41: sehr schnell bekommen. Wahrscheinlich auch, weil ich so frisch fast taub war und auch,
00:14:47: weil ich Musikerin bin. Ende Jänner habe ich schon den ersten Termin bekommen. Sehr rasch. Das war
00:14:53: schon sehr rasch. Operiert in St. Pölten? In St. Pölten, Dr. Sprinzl. Ich bin sehr dankbar, dass
00:14:58: er mich operiert hat und ich habe mich sowieso in St. Pölten sehr wohl gefühlt. Das sind zwei
00:15:06: Implantate, man sieht sie. Genau. Die über diesen Magnet gehen. Schwarz sind sie, oder? Genau. Du
00:15:13: gibst sie über Nacht hinaus? Ja, genau. Die sind dann in einem Trockner drinnen. In einem Trockner.
00:15:19: Bei dieser OP, wurdest du da gut aufgeklärt? Wusstest du, was auf dich zukommt? Wie hat sich
00:15:26: das ereignet? Wie war das damals? Ja, und ich habe mich auch sehr gut informiert. Also, ich hatte
00:15:32: nicht so viel Angst eigentlich. Die spielt ja doch auch mit, man weiß es nicht, dieses Ungewisse
00:15:38: vielleicht, oder? Ja, ja. Das habe ich schon gewusst, dass ich nach der OP noch Reha brauche
00:15:45: und dass das dann alles Schritt für Schritt besser wird. Das habe ich schon ein bisschen gewusst,
00:15:49: aber ich habe einfach gehofft, dass ich wieder etwas hören kann. Das ist klar, ja. Wie hast
00:15:56: du dich in der Zwischenzeit bis zur OP mit deinen Kindern, mit deinem Mann verständigen können? Ja,
00:16:00: das ist eine gute Frage. Wie macht man denn das, wenn man plötzlich nichts mehr hört,
00:16:04: nicht mehr reagieren kann? Es war mit der älteren Tochter, die damals 3 1/2 war, mit
00:16:09: ihr war es schwieriger, als mit dem Baby, weil mit dem Baby muss man ja nicht so kommunizieren. Für
00:16:15: sie war das sehr schwierig, weil sie noch nicht schreiben konnte und sie hatte natürlich viele
00:16:21: Wutanfälle und war sehr frustriert. Besonders, wenn ich dann alleine mit den Kindern war, weil,
00:16:27: wenn sie etwas hatte, dann musste sie manchmal ins Handy reden und mein Handy hat das, was sie
00:16:34: geredet hat, als Text wiedergegeben. Dann konnte ich den Text lesen, was sie jetzt gebraucht hat
00:16:41: oder so. Es war schon sehr frustrierend. Wenn ich jetzt daran denke, weiß ich nicht,
00:16:44: wie ich das geschafft habe. Rückblickend wirklich eine dramatische Geschichte. Dann kam es zur OP
00:16:50: und dann beginnt ja erst die eigentliche Arbeit. Da sind zwei MED-EL Cochlea-Implantate eingesetzt
00:16:55: worden. Ja, genau. Wie war das nach der OP? Erzähl mal! Wie fühlt sich das an? Wie war der Prozess,
00:17:05: dass du wieder hören lernen konntest? Du musst das ja wieder erlernen. Genau. Erzähl mal!
00:17:12: Wie ist es dir dabei gegangen? Bei der ersten Anpassung habe ich mich mehr darüber gefreut,
00:17:22: dass ich nur etwas gehört habe, obwohl alles ganz komisch geklungen hat. Wie komisch? Wie
00:17:25: klingt das denn? Die Stimme von meinem Mann war ein bisschen wie Donald Duck. Echt? Wie klingt
00:17:33: er sonst? Nicht wie Donald Duck, eher tief. Aber es war schön ihn zu hören, oder? Ja, schon und ich
00:17:43: habe alles verstanden. Also, nur die Klangfarbe war anders. Die Lautstärke und die Klangfarbe.
00:17:49: Aber das habe ich auch schon gewusst, dass sich das mit der Zeit dann verbessert. Ich
00:17:54: konnte sofort irgendwie besser im Alltag funktionieren. Ich konnte sofort besser mit
00:18:00: den Menschen kommunizieren. Und diese Anpassung, wie funktioniert sowas? Das macht man mit dem
00:18:07: Computer natürlich, dort schaut man, dass die Lautstärke passt und natürlich, mein Gehirn muss
00:18:12: auch wieder neu hören lernen. Da braucht man dann neue Impulse, nach gewisser Zeit
00:18:20: muss man dann lauter drehen. Dann gibt es auch verschiedene Filter, wo man diese Feinheiten
00:18:26: von Klängen auch bearbeiten kann. Das dauert schon lange und so gut wie ich jetzt höre, das hat schon
00:18:34: 2 Jahre gedauert. 2 Jahre? Insgesamt, würde ich sagen. Und jetzt kann ich sagen, dass das alles
00:18:41: für mich normal und authentisch klingt. So wie früher? Eigentlich schon, ja, so wie früher. Also,
00:18:47: entweder denke ich, habe ich schon vergessen wie alles früher geklungen hat, aber das glaube ich
00:18:52: auch nicht. Also, ich glaube, dass ich jetzt wirklich einfach fast wie früher höre. Du hast
00:18:59: gesagt, deine Tochter hat Wutanfälle gehabt. Wie ist es ihr gegangen, als du die Implantate dann
00:19:04: hattest und sie wieder gehört hast? Naja, sie war natürlich sehr glücklich. Das glaube ich. Und für
00:19:10: meine Kinder ist das jetzt schon so normal, dass die Mama manchmal nichts hört. Und auch, wenn wir
00:19:17: zum Beispiel schwimmen fahren, dann möchte ich auch ohne die Implantate schwimmen. Es gibt aber
00:19:23: auch die Möglichkeit, dass man sich so... Ja, es gibt solche Schutzteile, aber ich möchte eher
00:19:25: vorsichtiger sein, dass nichts passiert. Oder in der Nacht oder wenn ich mich geduscht habe oder
00:19:31: nasse Haare habe, dann wissen sie auch, dass ich nichts höre. Sie schauen immer, ob ich die
00:19:35: Geräte habe. Hat die Mama nasse Haare? Ja, genau. Dann sprechen wir sie nicht an. Genau. Das heißt,
00:19:39: du nimmst dir auch Momente, wo du wirklich die Implantate herausgibst. Manchmal schon, ja. Aber
00:19:47: eher sehr selten. Aber zum Beispiel in der Schwimmhalle, das mag ich dann auch
00:19:53: manchmal, wenn ich kurz gar nichts verstehen muss. Das ist eigentlich manchmal auch angenehm. Jetzt
00:20:03: war dieser Weg zwei Jahre lang, dieser Weg zurück ins Hören. Wie ist es denn gesangstechnisch und
00:20:08: vor allem auch als Lehrerin weitergegangen? Du konntest ja nicht arbeiten. Nein. Das heißt, es
00:20:12: kamen auch keine Einkünfte herein, oder? Das ist auch schwierig. Ja und ich habe auch sehr lange
00:20:17: nicht gewusst, was ich dann noch machen kann und was ich alles mit den Implantaten noch schaffen
00:20:23: werde. Also, ich war dann 2 Jahre lang im Krankenstand eigentlich. Bevor ich taub geworden
00:20:28: bin, habe ich in der Musikschule in Groß Gerungs Pop- und Jazzgesang unterrichtet und
00:20:31: mein Arbeitgeber ist ganz super. Er hat sehr viel Geduld gehabt und immer gesagt, wir warten noch,
00:20:37: wir warten noch, wir schauen, du kommst schon zurück, das weiß ich. Aber niemand wusste, wie
00:20:41: man wirklich zurückkommt. Nein, nein. Und mit der Musik habe ich schon die meisten Probleme gehabt.
00:20:48: Was meinst du da - die Probleme mit der Musik? Weil man zuerst ein bisschen Schwierigkeiten mit
00:20:57: den Tonhöhen hat und ich konnte die Intervalle nicht richtig singen oder richtig hören. Das
00:21:07: war wirklich ein Problem. Ich war auch sehr emotional, auch sehr traurig, als ich dann
00:21:16: irgendwie so unsicher mit der Musik war. Musik war für mich immer etwas, das ich so gut konnte und
00:21:24: ich musste nie denken, als ich gesungen habe. Ich habe ja auch Musik studiert und plötzlich
00:21:29: konnte ich nicht einmal "Alle meine Entchen" richtig singen oder spielen. Das war schon sehr
00:21:35: frustrierend. Das glaube ich. Auch für deinen Mann wahrscheinlich, wenn ihr als Team unterwegs seid,
00:21:39: eine ganze Gruppe hängt davon ab. Ja, ja. Du bist Leadsängerin der Gruppe. Ja, genau, weil diese
00:21:45: starke Sängerin war dann nicht mehr da. Naja, aber du hast den Weg zurück gefunden und den wollen wir
00:21:51: hören. Wie ging denn das weiter? Schritt für Schritt. Weil du konntest "Alle meine Entchen"
00:21:56: nicht singen... Ja, es ist schon ein Zusammenspiel von den richtigen Anpassungen. Also, ich habe
00:22:04: eine Musikspezialistin kennen gelernt, die die Anpassungen in Innsbruck macht. Sie ist Ärztin und
00:22:12: Spezialistin für Musikanpassungen. Ich habe sie gefunden und seit 1 1/2 Jahren, eigentlich immer
00:22:20: noch, macht sie die Anpassungen für mich. Sie nimmt sich immer sehr viel Zeit und sie hat auch
00:22:27: Erfahrungen, was Musik und Implantate betrifft und sie hat wirklich gute Anpassungen gefunden
00:22:33: mit denen ich sofort viel besser Musik hören und verstehen konnte und besser intonieren konnte.
00:22:39: Und dann konnte ich wieder mehr üben. Ich hatte gerade eine Geburt gehabt, ich war schwanger,
00:22:46: also musste ich deswegen auch von vorne beginnen mit meiner Gesangstechnik. Eigentlich zwei große
00:22:53: Sachen, die ich trainieren musste, aber das war, wie gesagt, ein Zusammenspiel zwischen
00:22:59: den richtigen Anpassungen und Übungstechniken. Also, ich musste auch lernen, wie man richtig
00:23:03: lernt und übt, weil das musste ich nie so richtig. Also, ich musste irgendwie ganz von neu beginnen.
00:23:14: Aber du hast den Weg zurück geschafft. Du singst ja wieder. Alle sind froh,
00:23:19: vor allem du wahrscheinlich, dass du wieder singen kannst. Das ist aber schon ganz neu. Das jemand,
00:23:24: der in der Musik so stark verankert ist wie du, Cochlea-Implantate eingesetzt bekommt und quasi
00:23:30: wieder bei Null beginnt und jetzt wieder ganz normal singt. Und du schaffst diese Höhen und
00:23:36: Tiefen? Was sagt der Mann? Ist er zufrieden mit deinem Gesang? Ja, er ist schon zufrieden mit mir,
00:23:41: aber es ist nicht ganz so wie früher. Also, diese Sicherheit habe ich nicht
00:23:47: mehr ganz und ich spiele auch Klavier und ich muss mich schon mehr begleiten. Also,
00:23:52: ich kann Töne ganz gut nachsingen und ich muss dann schon ein bisschen mehr aufpassen und mich
00:24:00: mehr konzentrieren als früher. Aber bei den letzten Konzerten, die wir gespielt haben,
00:24:06: habe ich mich fast wie früher gefühlt. Aber kommt da nicht auch die Sicherheit wieder zurück? Ich
00:24:11: hoffe. Wenn diese Bühnenauftritte sind, wenn man weiß, man schafft diese Höhen und Tiefen. Kommt
00:24:16: da nicht diese Sicherheit? Ich hoffe. Dieses Selbstvertrauen wieder zurück? Ich hoffe,
00:24:21: weil als ich dann im Krankenstand war und nicht mehr gewusst habe, ob ich wirklich irgendwann
00:24:26: wieder singen kann, habe ich kurz nicht gewusst, wer ich bin. Also, ich habe meine Identität auch
00:24:31: komplett verloren, weil seit ich 2 Jahre alt bin, bin ich die Sängerin Laura oder die Laura, die gut
00:24:37: singen kann. Und dann habe ich plötzlich nicht gewusst, was bin ich dann, wenn ich nicht singen
00:24:41: kann. Und diese Seite von mir bekomme ich jetzt wieder zurück. Da fühle ich mich dann auch wieder
00:24:47: sicherer und ich bin einfach so dankbar, wenn ich wieder singen kann. Auch meine Band, also,
00:24:51: wir alle haben uns umarmt und geweint, als wir zum ersten Mal wieder gespielt haben. Wir haben das
00:25:00: wirklich nicht gedacht, weil es so absurd war, als Aron dann allen erzählt hat, es ist jetzt
00:25:06: passiert, Laura kann wirklich nicht hören, wir wissen nicht, was passiert. Das hat alles so lange
00:25:11: gedauert, aber alle möchten immer noch mit uns Musik machen. Im Sommer werden wir viele Konzerte
00:25:17: haben und wir werden wieder ein Album aufnehmen. Es ist ein Wunder. Also, ihr startet wieder
00:25:23: voll neu durch. Ja, eigentlich schon, ja. Hast du in diesen zwei Jahren, in denen du das Hören
00:25:29: erlernen musstest, hast du da musikalisch auch von den Hit-Paraden oder von den Charts irgendwas
00:25:35: versäumt oder neu mitbekommen? Da gibt es ja auch immer Entwicklungen. Musikalische Entwicklungen?
00:25:43: Ja, schon, ein bisschen, aber nicht so viel wie früher, weil ich nicht so viel unterrichtet habe,
00:25:49: aber ja, habe ich schon ein bisschen. Muss man da etwas nachholen? Ich muss ein bisschen nachholen,
00:25:57: ja. Ich werde jetzt im September wieder Pop- und Jazzgesang unterrichten. Jetzt unterrichte
00:26:02: ich seit einem Jahr musikalische Früherziehung und dann muss ich mehr schauen, wer jetzt in ist, weil
00:26:08: ich bin ein bisschen Old School mit der Musik, die ich mag. Ich mag so alte Jazzsängerinnen
00:26:13: und Blues, Folk und Roots. Also ich bin da ein bisschen Retro. Aber dieses Phänomen Ed Sheeran
00:26:19: ist jetzt schon... Ja, ja. Ed Sheeran und Billie Eilish kenne ich schon. Ok. So, also ihr seid
00:26:26: heuer unterwegs, es gibt einige Termine, die Karriere beginnt wieder. Bist du jetzt wieder
00:26:32: in der Mitte? Geht es dir gut jetzt? Mir geht es sehr gut, das kann ich wirklich sagen. Ich
00:26:37: habe das Gefühl, dass ich mein Leben und noch mehr zurückbekommen habe. Das heißt,
00:26:45: Hören hat für dich, deshalb nochmals zum Eingang unseres Gesprächs, Hören hat für
00:26:49: dich eine ganz besondere Bedeutung. Schon, ja. Ich bin einfach so dankbar. Wir sollten
00:26:55: das auch nicht so selbstverständlich sehen, zu hören, weil es nicht selbstverständlich ist.
00:27:01: Das ist das Problem, das viele von uns haben. Ja, ja, natürlich. Wir pflegen die Ohren auch gar
00:27:07: nicht oder wenig. Das auch, ja. Was machst du für deine Ohren jetzt? Ich schaue einfach, dass es mir
00:27:15: grundsätzlich gut geht, weil wenn ich daran denke, warum ich so viele Hörstürze in meinem Leben
00:27:23: gehabt habe, muss ich schon denken, dass ich auch Stress gehabt habe, deswegen schaue ich, dass es
00:27:29: mir so ganzheitlich gut geht. Dann geht es meinen Ohren auch gut. Dann ist das Ganze zusammen.
00:27:36: Ihr habt heuer auch ein schönes Projekt mit MED-EL gemeinsam in Kärnten. Erzähl mal ein bisschen
00:27:41: etwas. Was werdet ihr da machen? Es gibt da dieses Sommercamp. Genau, das Sommercamp. Ich freue mich
00:27:47: sehr, wenn ich Kinder mit CIs treffe. Das ist auch... Eine große Familie. Eine große Familie,
00:27:54: genau. Da habt ihr einen eigenen Badestrand und da kommen sämtliche CI-Träger und Trägerinnen
00:27:59: zusammen. Genau. Ihr verbringt eine Woche gemeinsam am Wörthersee. Genau. Unsere Kinder
00:28:07: kommen auch mit und ich freue mich sehr, dass ich diese Familien kennen lernen werde und wir
00:28:12: werden dann auch etwas mit den Kindern machen, etwas Musikalisches, etwas Kreatives. Also,
00:28:18: dein Mann und du. Genau, genau. Musikalisch - ihr werdet Musikerziehung oder die musikalische
00:28:25: Leitung übernehmen? Genau. Was plant ihr da mit den Kindern? Wahrscheinlich ein kleines Konzert
00:28:30: und ich würde auch gerne etwas machen, was ich in der Musikschule mit den Kindern mache. Ich finde,
00:28:37: dass es für die Kinder dann auch interessant wäre, wenn sie eine Lehrerin mit den Implantaten sehen
00:28:42: würden. Das ist ganz wichtig auch als Vorbild. Genau, genau. Dass ich trotz Implantaten singe und
00:28:47: spiele. Ich hoffe, dass sie dann auch ein bisschen Mut bekommen und dass sie dann auch ein bisschen
00:28:52: Musik machen. Und am Ende wird es eine Vorführung geben, nehme ich an, am Ende der Woche. Genau. Als
00:28:57: Highlight, wie die Theateraufführung. Du hast jetzt so einen langen Leidensweg hinter dir,
00:29:05: du fühlst dich jetzt viel, viel besser als in den letzten Jahren. Wie lange hat dieser Leidensweg
00:29:10: gedauert in Summe? Wie viele Jahre waren das, von denen du uns jetzt erzählt hast? Schon 2
00:29:15: Jahre oder 3. Mit den ganzen Hörstürzen gemeinsam? Naja, das ist schon noch länger. Waren das 8 oder
00:29:26: 10 Jahre? 10 Jahre. Das ist schon eine lange Zeit. Das heißt, es wird Zeit, dass jetzt Ruhe einkehrt
00:29:30: und mit den CIs geht es dir gut. Ja. Du hast auch wunderschöne Ohrringe aus Holz, Friedenstauben
00:29:37: oder so ähnlich. Genau, genau. Da gibt es ja ganz tolle Sachen aus deiner Heimat, aus Finnland.
00:29:43: Genau. Was hast du mir da vorher erzählt? Ja, genau, es gibt eine Schmuckkünstlerin, die Schmuck
00:29:53: für Hörgeräte macht. Ich werde meine CIs auch ein bisschen schmücken, wenn ich auf der Bühne bin.
00:30:01: Das heißt, das beginnt dann schon vorne beim Magnet,
00:30:05: oder wie? Wie kann man sich das vorstellen? Genau, oder eine Kette, die hier so hängt,
00:30:08: zum Beispiel. Wenn ich singe, dann möchte ich meine Implantate nicht verstecken...
00:30:14: Warum auch? Warum sollte man das verstecken? Ja, weil ich möchte die Implantate eigentlich ein
00:30:22: bisschen mehr bekannt machen. Wie ist denn das Feedback? Viele Menschen wissen noch gar nicht,
00:30:28: was das ist. Wie ist denn das Feedback? Was sagen denn die Leute, wenn sie dich sehen? Sprechen sie
00:30:34: dich an oder tuscheln sie? Oder wie funktioniert das? Sehr unterschiedlich. Die Kinder kommen zu
00:30:38: mir und fragen, was ich da im Kopf habe. Aber am Land reden die Leute. Am Land, wo wir wohnen,
00:30:45: bin ich die einzige, die Implantate trägt. Niemand ist eigentlich zu mir gekommen, aber viele wissen
00:30:53: schon, wer ich bin und dass ich Musik mache. Aber überraschend selten kommen die Menschen zu mir,
00:31:01: ich würde mir das eigentlich mehr wünschen. Hättest du das gerne, dass sie kommen und sagen,
00:31:04: was ist das, erklär mir. Ja, das wäre fein, ich würde das sehr gerne machen,
00:31:09: also bitte. Das war jetzt die Aufforderung dazu. Es gibt auch ein Workshop-Projekt "Anderes Hören,
00:31:17: anderes Hören". Das macht ihr gemeinsam? Genau, wir haben jetzt
00:31:27: einen Verein gegründet. "Anderes Hören, anderes Hören" stimmt das? Genau, "Anderes Hören, anderes
00:31:30: Hören". Das heißt, du und dein Mann gemeinsam, ihr macht dieses Projekt. Genau, genau. Also, wir
00:31:37: haben einen Verein gegründet, er heißt TRA, wie Art verkehrt, Kulturlogistik. Aha. Wir machen
00:31:45: Workshops für verschiedene Gruppen von Menschen, für Schulen. Also, wir haben jetzt am Montag in
00:31:51: Martinsberg in einer Mittelschule und Volksschule einen Workshop. Wir spielen immer ein Konzert und
00:31:58: dann haben wir so eine Vorlesung und da erklären wir ein bisschen wie unser Gehör so generell
00:32:05: funktioniert und warum man nicht gut hört und auch, was die CIs machen. Was ist der Unterschied
00:32:10: zwischen Hörgerät und CI. Und ich erzähle auch ein bisschen, wer ich bin und was mir passiert
00:32:17: ist. Huste einmal schnell! Du hast einen Frosch im Hals, oder? Genau. Die Zeit nehmen wir uns. Genau,
00:32:25: genau. Wir werden Schulen besuchen und wir werden auch mit einem Verein, der mit Kindern, die ein
00:32:34: Down-Syndrom haben, Zusammenarbeit haben. Also, das ist alles noch neu und wir hoffen,
00:32:43: dass wir dann auch für Erwachsene, vielleicht auch auf Englisch, also einfach ein bisschen
00:32:49: Erklärungsarbeit machen und gleichzeitig auch musizieren. Das heißt aber auch, dass sich durch
00:32:56: deinen Leidensweg, durch deine Krankheit oder das, was da passiert ist in den letzten 10 Jahren, auch
00:33:02: beruflich etwas verändert hat. Ja. Das heißt, du nutzt jetzt die Gunst der Stunde und erzählst auch
00:33:08: über deinen Leidensweg, auch über deine Geschichte mit den CIs. Genau. Ich habe das lange überlegt,
00:33:13: ob ich das möchte. Ja. Und auch als Sängerin, ob ich nur die taube Sängerin sein möchte.
00:33:26: Ich glaube, du bist die einzige auf der Welt, oder? Wahrscheinlich. Ich glaube schon. Oder
00:33:32: ich bin vielleicht die einzige, die professionell singt. Ich glaube auch, ja. Was ist das für ein
00:33:39: Gefühl, den Weg als erste zu bestreiten? Ich habe viel Verantwortung, aber schön. Ich freue
00:33:47: mich. Ich hoffe, dass ich anderen Menschen Mut geben kann. Das wäre wichtig. Wenn jetzt gerade
00:33:53: Menschen zuschauen, die kurz vor der Entscheidung stehen, ob sie Cochlea-Implantate nehmen oder
00:33:57: nicht oder schon einen Operationstermin haben, was würdest du jenen raten? Gut überlegen,
00:34:06: sich informieren lassen und auch wissen, dass die Zeit danach noch wichtiger ist eigentlich. Also,
00:34:15: man braucht viel Geduld. Also, diese Veränderungen und Verbesserungen passieren Schritt für Schritt,
00:34:20: aber es wird besser, obwohl zuerst alles ganz komisch klingt. Man braucht wirklich
00:34:27: viel Geduld. Mut? Ja, nicht aufgeben. Hast du jemals ans Aufgeben gedacht in diesen 2
00:34:37: Jahren? Oh, schon mehrmals, oft. Es ist dann auch manchmal mühsam, wenn man schlecht hört,
00:34:46: in den sozialen Situationen zum Beispiel. Bei mir kommt auch die Sprache noch dazu
00:34:52: natürlich. Aber du sprichst toll Deutsch! Also, ich möchte so Finnisch können. Danke! Und es ist
00:34:59: auch anstrengend, besonders wenn man gerade neue Anpassungen bekommen hat, da tun manche
00:35:03: Geräusche fast weh. Die hohen Töne oder Geräusche tun ein bisschen weh. Und wie lang braucht man,
00:35:12: bis man sich daran gewöhnt? Dauert das ein paar Tage, ein paar Wochen? Das ist
00:35:15: sehr unterschiedlich, aber bei mir hat das immer ein paar Wochen gedauert und dann ist
00:35:20: alles wieder ein bisschen besser geworden, milder geworden, wobei es gibt immer noch
00:35:24: manche Geräusche, die ich nicht so gerne habe. Was ist das zum Beispiel? Akkordeon. Ok. Also,
00:35:30: manche Instrumente klingen schon fast wie früher, aber nicht ganz. Also, Instrumente,
00:35:35: die viele Höhen haben, manche Blasinstrumente. Als ich in Helsinki war, zum ersten Mal mit den
00:35:44: Implantaten, war ich am Strand und habe etwas ganz Komisches gehört, ich habe nicht gewusst,
00:35:49: was das ist. Das waren die Möwen und die haben ganz komisch geklungen. Ich habe irgendwie gar
00:35:56: nicht gewusst, was ich da höre. Aber jetzt, dieses Jahr haben die Möwen auch ganz normal
00:36:00: geklungen. Schon so wie früher? Schon, ja. Aus deiner Erinnerung? Ja, ja. Und auch Insekten
00:36:08: klingen für mich jetzt wieder so wie früher. Sind die wieder so wie früher? Genau. Das ist schön,
00:36:13: oder? Wenn man hinausgehen kann und man hört das dann wieder so wie früher. Oh, ja, das ist
00:36:16: schon schön, ja. Was war das erste Geräusch nach der OP, wo du sagst, toll, dass ich das wieder
00:36:22: hören kann? Es war Regen. Regen? Ja, schon, ja, Regen irgendwie. Ich habe einmal ein Kind vom Bus
00:36:30: geholt und ich war unter dem Schirm, dann habe ich Regen gehört, die Regentropfen. Sie haben
00:36:37: ein bisschen anders geklungen, aber trotzdem, das war schön, das war schön für mich. Was
00:36:40: sind deine Projekte für die nächste Zeit, die nächsten Monate, die nächsten Jahre? Ich habe
00:36:49: vieles vor. Gut, das gefällt mir. Das heißt, du bist wieder zurück. Genau, genau. Lebensmutig,
00:36:54: lebensfroh. Genau, ich möchte wieder neue Musik schreiben. Also, wir haben schon vor, dass wir ein
00:37:00: neues Album machen in den nächsten zwei Jahren und natürlich meine Arbeit in der Musikschule,
00:37:08: die Vorbereitungen. Die haben sich sicher sehr gefreut, dass du wieder zurückgekommen bist,
00:37:12: oder? Ja, schon, ja. Also, ich liebe diese Arbeit. Es ist etwas ganz was anderes, als auf
00:37:19: der Bühne zu stehen, mit den Kindern zu arbeiten, das ist schon... da kann man auch so kreativ sein.
00:37:24: Und dann unser Verein, die Workshops, die wir machen und ich fühle mich grundsätzlich sehr
00:37:31: kreativ im Moment. Ich schreibe und ich zeichne ein bisschen und meine Kinder sind auch größer.
00:37:36: Also, ich habe jetzt auch mehr Platz für mich und das fühlt sich auch schön an. Ich habe das Gefühl,
00:37:45: dass ich diese Trauerarbeit schon gemacht habe, ich fühle mich nicht mehr traurig deswegen,
00:37:52: was mir passiert ist. Ich habe irgendwie Frieden damit. Das ist wichtig, glaube ich. Ja. Dass man
00:37:57: mit sich im Reinen ist. Du hast einen schönen Song in der Zeit geschrieben, hast du mir vorher
00:38:03: erzählt, wo du nichts gehört hast. Wie heißt der Song, "Silence"? Genau, das Lied heißt
00:38:08: "Silence". Dieses Lied hat sehr viel Hoffnung, es ist schon sehr traurig. Ich habe dieses Lied
00:38:16: irgendwie gehört, obwohl ich nichts gehört habe, aber trotzdem habe ich dieses Lied mit dem Handy
00:38:21: aufgenommen und dann als ich die Implantate hatte, habe ich das Lied erst aufgeschrieben und meinem
00:38:27: Mann geschickt. Wir haben nun letztes Jahr das Lied mit der Band arrangiert und eine Demo
00:38:35: gemacht. Das ist schon ein wichtiges Lied für mich. Ein wichtiger Schritt und man merkt schon,
00:38:40: man wird schon ein bisschen emotional, wenn man an diese Zeit zurückdenkt, oder? Ja, schon eher,
00:38:45: deshalb schaue ich nicht mehr so oft zurück. Ich weiß, aber jetzt haben wir zurückgeschaut und zwar
00:38:49: sehr intensiv. Ja. Und da merkt man schon noch, es ist schon noch... Ja, es ist schon eine Zeit,
00:38:55: die ich nie vergessen werde, aber ich habe auch vieles gelernt. Früher habe ich mir gedacht,
00:39:05: was wäre das Schlimmste, was mir passieren könnte. Das war schon vor sehr vielen Jahren.
00:39:11: Wenn ich nicht mehr hören könnte, wäre das das Schlimmste. Diese Gedanken waren schon so lange
00:39:14: da und dann ist das Schlimmste für mich passiert, aber dann, als ich nicht mehr hören konnte,
00:39:18: habe ich trotzdem funktioniert. Also, das war dann doch nicht das Schlimmste, was passieren
00:39:22: konnte. Jetzt denke ich, das Schlimmste, was mir passieren könnte, ist, dass meine Kinder
00:39:26: krank werden oder dass ich oder mein Mann sehr krank werden würden. Aber es gab ein Happy End in
00:39:33: deinem Fall. Genau. Und von dem muss man erzählen und auch andere daran teilhaben lassen. Genau.
00:39:39: Danke für deine Geschichte. Alles Gute. Danke. Sag noch bitte die Homepage von eurer Band. Genau:
00:39:48: www.satuo.at - dort findet man die Konzerttermine. Also demnächst wieder on tour. Genau. Die Termine
00:39:55: sind auf eurer Homepage. Vielen Dank für das Gespräch, danke für deine Geschichte! Danke,
00:39:59: dass du uns teilhaben lässt und jenen viel Mut gemacht hast, die vor so einer schwierigen
00:40:04: Entscheidung stehen. Dankeschön. Ich freue mich. Es wird alles gut. Danke Ihnen für Ihr Interesse,
00:40:08: Laura Korhonen war heute bei uns zu Gast. Wir freuen uns sehr, wenn Sie nächstes Mal wieder
00:40:12: dabei sind, bei Hörgespräche - Sinnvolles aus dem Leben. Wiederhören, Wiedersehen.
00:40:26: Wenn meine Kinder lachen.
00:40:33: Regen.
00:40:38: Man weiß es nie, was im Leben passiert, aber man darf nie aufgeben.
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