#40 - Doris-Maria Denk-Linnert

Shownotes

Hörgespräche: Sinnvolles aus dem Leben – Wöchentliche Interviews mit bewegenden Persönlichkeiten. Mehr dazu auf https://hoerenbewegt.at​​​

Gast: Doris-Maria Denk-Linnert Moderation: Carola Gausterer

Inhalt der Sendung: Ao.Univ.Prof.in Dr.in Doris-Maria Denk-Linnert leitet die Klinische Abteilung für Phoniatrie-Logopädie am Wiener AKH. Die erfahrene und herzliche Spezialistin weiß, dass Stimme, Sprache und Hören untrennbar miteinander verbunden sind; und dass sie mitentscheidende Faktoren darstellen in der Entwicklung eines Menschen.

Prof. in Denk-Linnert erzählt von der ersten Zeit der Cochlea-Implantationen in Wien, die sie als junge Ärztin miterleben durfte und von ihrer Faszination über das natürliche Hörerlebnis, das diese technische Errungenschaft für NutzerInnen möglich macht. Als Musikbegeisterte weiß gerade sie, wie wichtig die hohe Qualität von Hörimplantaten für Betroffene ist. Denn Musik sei wie Medizin, ist die Expertin überzeugt.

Lauschen Sie den sympathischen und ebenso überzeugenden Worten einer Frau, die Vieles zum Thema Hören, Sprechen und Stimme zu sagen hat.

Über HÖREN BEWEGT: Alles um uns ist Kultur. Sie bedeutet die Gestaltung des Zusammenlebens, Traditionen, Geschichte Politik sowie den künstlerischen Ausdruck einer Gesellschaft. Die Pflege und Entwicklung jeglicher Form von Kultur erfordert zwischenmenschlichen Austausch. Welche entscheidende Rolle ein intaktes Gehör dabei zukommt, zeigt die Initiative HÖREN BEWEGT. Themen und Events zu Leben, Kunst, Bildung und vielem mehr lassen Sie eintauchen in die spannende und wunderbare Welt des Hörens! Mehr zur Initiative HÖREN BEWEGT auf https://hoerenbewegt.at​​​

Über MED-EL: MED-EL Medical Electronics, führender Hersteller von implantierbaren Hörlösungen, hat es sich zum vorrangigen Ziel gesetzt, Hörverlust als Kommunikationsbarriere zu überwinden. Das österreichische Familienunternehmen wurde von den Branchenpionieren Ingeborg und Erwin Hochmair gegründet, deren richtungsweisende Forschung zur Entwicklung des ersten mikroelektronischen, mehrkanaligen Cochlea-Implantats (CI) führte, das 1977 implantiert wurde und die Basis für das moderne CI von heute bildet. Damit war der Grundstein für das erfolgreiche Unternehmen gelegt, das 1990 die ersten Mitarbeiter aufnahm. Heute beschäftigt MED-EL weltweit mehr als 2200 Personen aus ca. 75 Nationen in 30 Niederlassungen. Das Unternehmen bietet die größte Produktpalette an implantierbaren und implantationsfreien Lösungen zur Behandlung aller Arten von Hörverlust; Über 200.000 Menschen in 124 Ländern hören mithilfe eines Produkts von MED-EL.
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Transkript anzeigen

00:00:00: Aber man muss den Eltern, glaube ich, auf jeden Fall sagen, wie wichtig es ist,

00:00:04: dass sie dem Kind alle Chancen geben,

00:00:06: weil gerade das Hören ist wichtig für die Sprachentwicklung

00:00:10: und für die gesamte Entwicklung eines Menschen.

00:00:13: Die Sprachentwicklung ist ja eingebettet in die allgemeine Entwicklung

00:00:16: und man soll dem Kind alle Chancen geben, die es bekommen kann.

00:00:21: Und daher ist auch wichtig, das Hören zu ermöglichen,

00:00:25: die verbale Sprachentwicklung zu ermöglichen,

00:00:28: eine Teilhabe im Leben zu ermöglichen.

00:00:42: Hörgespräche Sinnvolles aus dem Leben.

00:00:49: Hallo, da sind wir wieder mit den Hörgesprächen Sinnvolles aus dem Leben,

00:00:54: abrufbar überall dort, wo es Podcasts gibt,

00:00:57: mit Bild und Untertiteln auch gern auf YouTube.

00:01:00: Klicken Sie mal rein, schauen Sie sich die diversen Folgen an.

00:01:03: Wir widmen uns jetzt aber unserem heutigen Gast.

00:01:06: Sie ist Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten

00:01:10: mit Zusatz-Facharztausbildung für Stimm- und Sprachstörungen.

00:01:14: Sie ist Leiterin der klinischen Abteilung für Phoniatrie,

00:01:18: Logopädie an der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten

00:01:23: der MedUni Wien, AKH Wien:

00:01:25: Universitätsprofessorin Dr. Doris-Maria Denk-Linnert.

00:01:29: -Ich freue mich sehr, dass Sie da sind. -Vielen Dank.

00:01:32: -Herzlichen Dank. -Herzlich willkommen.

00:01:34: Natürlich ist das ein Thema, das Thema Hören,

00:01:36: weil wir bei den Hörgesprächen sind, das Sie ein Leben lang begleitet.

00:01:40: Hören ist ein großes Thema bei Ihnen.

00:01:42: Was bedeutet Hören für Sie?

00:01:45: Hören ist für mich sozusagen die Grundlage der Interaktion mit der Umwelt,

00:01:51: auch des Lebensgenusses.

00:01:53: Ich bin sehr selbst akustisch orientiert,

00:01:57: ich liebe Musik,

00:01:58: daher ist für mich das auch ein ganz wichtiger Aspekt des Lebensgenusses.

00:02:04: Mit Musik geht alles besser.

00:02:06: Und wenn man das nicht hat, diesen akustischen Input,

00:02:09: dann geht's mir deutlich schlechter.

00:02:13: Das kann man sicherlich nicht generalisieren,

00:02:15: aber das ist irgendwie das Tor zur Kommunikation,

00:02:18: das Tor zur Seele,

00:02:19: wenn man das ein bisschen schwülstig formulieren möchte.

00:02:23: Aber es ist ganz, ganz wichtig.

00:02:25: Man hat oftmals auch kurz ein Erlebnis nach einer Mittelohrentzündung,

00:02:29: dass man einen Tubenkatarrh hat und auf einem Ohr z. B. schlechter hört.

00:02:34: Ich kann mich erinnern an eine Opern- aufführung mit einem Seromukotympanon,

00:02:37: mit einem Paukenerguss.

00:02:39: Und da war für mich, das habe ich jetzt gewusst,

00:02:42: was die Patienten allein mit so einer banalen Hörstörung eigentlich da erleben,

00:02:48: wie störend das ist und wie wichtig ein normales Gehör ist,

00:02:52: das wir als gegeben hinnehmen, wenn es funktioniert.

00:02:55: Aber dann muss man wirklich alle Anstrengungen unternehmen,

00:02:58: wenn das nicht der Fall ist, dass der Patient

00:03:00: oder dass das Individuum wieder gut hört.

00:03:04: Wir haben sie zwar, wir dealen damit jeden Tag,

00:03:07: wir verlassen uns einfach auf unsere Ohren,

00:03:09: aber wir tun eigentlich wenig dafür, nicht?

00:03:11: -Ja- -Warum ist das so?

00:03:13: Warum nehmen wir uns da nicht bei der Nase

00:03:14: und lassen uns ein bisschen durchchecken?

00:03:16: Das ist, glaube ich, die menschliche Schwäche,

00:03:18: dass alles, was funktioniert,

00:03:21: ist gegeben und erst wenn es nicht mehr so funktioniert,

00:03:24: ist man aufmerksam.

00:03:26: Aber ich glaube schon, dass man auf die Ohren aufpassen sollte.

00:03:29: Da ist sicherlich Lärm auch ein Thema,

00:03:31: sei es Freizeitlärm oder berufliche Lärmexposition.

00:03:36: Hier ist Lärm natürlich einerseits wichtig von der Dosis des Lärms:

00:03:41: Wie viel ist der Schalldruckpegel?

00:03:43: Und auch die Zeit der Einwirkung des Lärms,

00:03:46: dass man dem Ohr auch Ruhepausen gönnt, dass man Schallschutzmaßnahmen ergreift,

00:03:53: auch in der Freizeit: Popkonzerte,

00:03:55: dass man hier nicht ungeschützt …

00:03:57: Diskothek, dass man hier

00:03:58: -nicht ungeschützt hineingeht. -Ist halt nicht so cool,

00:04:00: -wenn man da mit Ohropax geht. -Ja, das ist richtig.

00:04:03: Es gibt aber angepasste Lärmschutzmaßnahmen,

00:04:08: die hübscher vielleicht aussehen oder die individuell angepasst sind,

00:04:12: die von den Frequenzen her auch angenehmer zu tragen sind,

00:04:15: weil viele nehmen dann ein Ohropax, weil es nicht cool ist, aus dem Ohr.

00:04:19: Und das ist natürlich dann gefährlich.

00:04:21: Also Lärmschutzmaßnahmen und beruflich auch.

00:04:23: Man sieht oft Bauarbeiter, die eben nicht Lärmschutz tragen.

00:04:29: Und das ist leider natürlich dann ein Lärmschaden,

00:04:32: der potenziell nicht mehr reversibel ist.

00:04:35: Und da glaube ich auch, die Erholungszeit, dass man sich auch dann Ruhe gönnt

00:04:39: zwischen der Lärmexposition, ist auch ein Faktum.

00:04:42: Weil Sie jetzt sagen, es ist schon der erste Punkt, Lärm …

00:04:45: -Ja. -Was gibt's noch für Punkte?

00:04:48: Sicherlich eine gesunde Lebensführung,

00:04:50: also ausreichend Schlaf.

00:04:54: Das klingt jetzt nach großmütterlichen Ratschlägen,

00:04:56: die wahnsinnig langweilig sind.

00:04:58: Aber Sie können es ja belegen, Sie sind ja aus der Materie.

00:05:00: Ja, natürlich auch potenziell Stoffwechselkrankheiten,

00:05:04: wenn man sie hat, dass man die gut einstellt,

00:05:07: Blutfette, Blutzucker und so weiter.

00:05:10: Das sind alles Faktoren,

00:05:12: die einer gesunden Lebensführung natürlich dienlich sind

00:05:15: und die auch für das Ohr natürlich wichtig sind.

00:05:19: Und hier ist also wichtig, vor allem darauf zu achten, dass man weiß:

00:05:25: Man hat nur zwei Ohren und auf die muss man gut aufpassen.

00:05:29: Ganz, ganz wichtig, ja.

00:05:30: Weil Sie sagen „Ruhepausen":

00:05:32: Was muss man sich denn gönnen, wenn man jetzt wirklich weiß,

00:05:35: man hatte einen Tag oder einen Abend,

00:05:37: man war auf einem – ich will jetzt nicht sagen – AC/DC-Konzert,

00:05:40: aber wirklich ein Popkonzert,

00:05:43: da sehnt man sich eh nach einer ruhigen Heimfahrt,

00:05:45: aber genügt das schon?

00:05:47: Nein, da würde man dann schon dem Ohr eine längere Ruhepause gönnen,

00:05:51: also z. B. dann nicht wieder mit In-Ears nach Hause fahren,

00:05:57: auch die In-Ears nicht einfach hoch aufzudrehen.

00:06:01: Das ist auch für tägliche Beschallung.

00:06:03: Es ist ganz klar, man sieht das auch in Studien,

00:06:05: dass Jugendliche einfach durch diese Beschallung dauernd

00:06:10: dann letztendlich auch Hörschäden haben.

00:06:12: Das ist ganz wichtig, auch die Aufklärung.

00:06:15: Idealerweise wären so Lärm-Dezibel-Anzeigen in Diskotheken

00:06:20: oder dass man bewusst wird:

00:06:22: -Wie laut ist es denn hier? -Habe ich noch nie gesehen.

00:06:24: Ich auch noch nicht, aber ich würde mir das wünschen.

00:06:27: -Verpflichtend? -Das wäre ideal.

00:06:29: Ich meine, wir leben in einer freien Welt,

00:06:31: das weiß ich schon, dass man nicht verbieten kann,

00:06:33: das jetzt so laut aufzudrehen.

00:06:34: Ich aus HNO-ärztlicher Sicht würde mir das manchmal wünschen,

00:06:38: weil wir haben auch teilweise Patienten,

00:06:40: die einmal bei einem Popkonzert bei einem Lautsprecher sitzen

00:06:43: und einen Hörschaden mit Tinnitus haben.

00:06:46: Wirklich, von einem?

00:06:48: Wenn es laut genug ist.

00:06:49: Und auch die subjektive Empfindlichkeit ist natürlich unterschiedlich.

00:06:54: Oder Vorschädigungen, die schon da sind.

00:06:56: Man muss wirklich aufpassen

00:06:57: und Lärm hat natürlich auch noch andere Wirkungen auf den Kreislauf,

00:07:02: auf den Blutdruck.

00:07:03: -Man unterschätzt das so. -Man unterschätzt das total, ja.

00:07:06: Das heißt, Sie leiden, wenn Sie hören:

00:07:08: wieder ausverkauft, vier Tage Taylor-Swift-Konzert,

00:07:11: da denken Sie sich: „Oh mein Gott, die vielen Kinder,

00:07:13: -die dort hingehen", oder? -Genau, ja.

00:07:15: Gerade Kinder, wenn Sie das ansprechen, die sind ja besonders noch sensibel.

00:07:18: -Die Jugendliche, die- -keine Ahnung haben, was da eigentlich …

00:07:22: So ist es. Und ich glaube, da ist Information auch einmal ganz wichtig.

00:07:25: Das Bewusstsein machen.

00:07:27: Ich habe eine Broschüre irgendwo mal liegen gesehen

00:07:29: und das habe ich total nett gefunden:

00:07:31: „Laut ist out."

00:07:34: Dass man auch vermittelt:

00:07:35: Es ist nicht nur cool, wenn es so möglichst laut ist,

00:07:38: sondern dass es cool ist,

00:07:40: auch ein bisschen alert zu sein und auf sein Gehör aufzupassen.

00:07:44: -Es wertzuschätzen auch. -Genau.

00:07:47: Aber waren Sie jemals auf einem Pop-, Rockkonzert?

00:07:50: -Einmal. -Mit den Vorkenntnissen?

00:07:52: Nein, ich muss sagen,

00:07:53: ich bin von Natur aus eben sehr lärmempfindlich

00:07:58: -und habe das nie- -Eigentlich gut.

00:08:00: Ja, ist ein gewisser Schutzmechanismus.

00:08:02: Ich habe auch nie eine laute Umgebung vertragen,

00:08:06: wo man nicht miteinander kommunizieren kann.

00:08:09: Und ich war einmal mit Ohr-Lärmschutzstöpseln

00:08:14: und habe mir gedacht: „Das ist nix für mich."

00:08:17: Ich habe keinen Schaden genommen dadurch,

00:08:19: aber diese tiefen Frequenzen haben auch in mir irgendwie Unbehagen hervorgerufen.

00:08:25: Es ist nicht das, was ich jetzt für mich mir wünsche.

00:08:29: Ist nicht angenehm, genau.

00:08:32: -Wir sind schon mitten im Thema, oder? -Ja, genau.

00:08:34: Also Ihr Themengebiet ist die Phoniatrie und die Logopädie.

00:08:39: Können Sie uns die Begriffe ein bisschen genauer erklären

00:08:42: und auch den Zusammenhang mit dem Hören?

00:08:44: Ja. Ich komme, wie gesagt,

00:08:46: von der expressiven Seite der verbalen Kommunikation.

00:08:50: Und für mich ist die Kommunikation, Stimme, Sprache, Sprechen,

00:08:55: ganz, ganz wichtig,

00:08:57: weil es ist eine typisch menschliche Fähigkeit, verbal zu kommunizieren.

00:09:03: Und Phoniatrie ist ein Zusatz-Facharzt früher,

00:09:08: heute Spezialisierung,

00:09:09: fachspezifische Spezialisierung für einen HNO-Arzt, eine HNO-Ärztin,

00:09:14: zwei Jahre Spezialisierungsausbildung.

00:09:17: Und man hat hier dann die Themenbereiche,

00:09:20: die ganz wesentlich sind, nämlich Sprache, Sprechen, Stimme,

00:09:25: Schlucken und kindliches Gehör

00:09:27: mit eben Ursachen, Diagnostik, Therapie,

00:09:31: aber auch Prävention von Störungen auf diesem Gebiet.

00:09:35: Und das macht das sehr, sehr abwechslungsreich,

00:09:38: weil unsere Patienten sind vom Neu- geborenen bis zum Greis alle Altersstufen,

00:09:44: also Kinder, die nicht richtig schreien können nach der Geburt,

00:09:48: die nicht schlucken können,

00:09:50: der alte Mensch, der Stimmprobleme hat, Hörprobleme hat.

00:09:55: All das gehört in unseren Aufgabenbereich hinein.

00:09:57: Und die Logopädie, das ist sozusagen die Disziplin,

00:10:02: die die funktionelle Therapie von Erkrankungen

00:10:05: auf dem Gebiet der Phoniatrie macht.

00:10:07: Und die Logopädinnen und Logopäden sind unsere Partner,

00:10:11: die hier wirklich eine sehr engagierte und sehr, sehr wertvolle Arbeit leisten.

00:10:15: Eine ganz wichtige Arbeit.

00:10:17: Und natürlich ist das alles im Zusammenhang mit dem Hören,

00:10:21: weil Stimme hört man, man kommuniziert.

00:10:23: Ja, absolut.

00:10:24: Ohne Hören kann man keine Sprache entwickeln.

00:10:27: Das ist schon mal ein großes Thema,

00:10:29: die Früherkennung von frühkindlichen Hörstörungen,

00:10:33: angeborenen oder erworbenen Hörstörungen,

00:10:36: weil hier die Grundlage eines Spracherwerbs liegt,

00:10:40: wenn ein Kind hören kann. Wenn es nicht hören kann,

00:10:43: dann muss man das möglichst frühzeitig versorgen und fördern,

00:10:47: damit Sprache entwickelt werden kann.

00:10:49: Jetzt gibt's ja auch dieses Neugeborenen-Screening.

00:10:51: Das alles hilft natürlich, relativ schnell draufzukommen:

00:10:55: Hört das Kind oder hört es nicht?

00:10:56: -Das ist ganz entscheidend. -Oder hört es schlecht?

00:10:58: Genau. Dieses SAV-Konzept, das jetzt 2017 erneuert wurde,

00:11:05: ursprünglich war ja das Millstätter Konzept.

00:11:06: Heute machen wir flächendeckend ein Hörscreening.

00:11:13: Beidohrig, das ist auch ganz wichtig, nicht nur einohrig.

00:11:17: Und wir haben die Ziele 1-3-6,

00:11:20: also innerhalb des ersten Lebensmonates hier das Screening zu komplettieren,

00:11:26: die Diagnostik bis zu drei Monaten fertig zu haben

00:11:29: und eine Frühversorgung bis zum sechsten Lebensmonat einzuleiten.

00:11:34: Und das ist sicherlich ganz wichtig.

00:11:36: Und hier ist es nicht nur punktuell eigentlich erstrebenswert,

00:11:41: einmal diese Diagnostik zu machen,

00:11:43: sondern es gibt auch Hörstörungen,

00:11:46: die erst im Laufe der frühkindlichen Entwicklung auftreten,

00:11:49: sodass man sich wünscht, dass man quasi im Sinne eines Trackings

00:11:52: dann auch diese Kinder verfolgt oder noch einmal einen Hörtest macht.

00:11:57: Passiert das jetzt nicht?

00:11:58: Jetzt ist im Mutter-Kind-Pass siebente bis neuntes Lebensmonat,

00:12:02: aber man würde sich wünschen, hier noch einmal Hörtests hineinzubringen

00:12:08: und vielleicht auch ein Sprachentwicklungsscreening,

00:12:11: weil ja auch das hier quasi wesentlich ist:

00:12:14: Was passiert mit der Sprachentwicklung, mit der Sprache?

00:12:17: Und es wäre dann auch schön,

00:12:19: noch einmal vor Schuleintritt eine Untersuchung zu machen.

00:12:22: Im Kindergarten gibt's, glaube ich, so logopädische Untersuchungen-

00:12:25: -Teilweise, ja. -wo man dann einen Zettel bekommt:

00:12:27: „Suchen Sie bitte einen Logopäden oder eine Logopädin auf."

00:12:30: Das ist sicherlich auch einmal wichtig,

00:12:32: von dieser Seite zu kommen,

00:12:34: wenn Sprachauffälligkeiten da sind, weil dann wird natürlich automatisch

00:12:37: das Gehör noch einmal überprüft und dann entschieden:

00:12:41: Wird eine logopädische Therapie erforderlich

00:12:43: oder muss man vom Hören her noch irgendwie Maßnahmen setzen?

00:12:47: Ein ganz ein wichtiges Tool für euch eigentlich, oder?

00:12:50: -Ja. -Das ist noch gar nicht lange eingeführt.

00:12:53: Ja, es ist 2017 dieses SAV-Konzept

00:13:00: und wir hoffen,

00:13:02: dass sich die Weiterentwicklung hier so ergibt,

00:13:05: dass man das engmaschiger kontrolliert, elektronisch basiert.

00:13:08: Wir haben in Österreich von der HNO-Gesellschaft

00:13:10: die Arbeitsgemeinschaft Audiologie,

00:13:12: die hier auch sehr wirklich engagiert versucht,

00:13:15: die Dinge noch weiter zu verbessern und zu aktualisieren und zu modernisieren.

00:13:20: Aber wir sind da wahrscheinlich weltweit eh schon ziemlich gut.

00:13:23: Wir sind nicht schlecht, ja, natürlich, das muss man schon sagen.

00:13:26: Aber wir dürfen uns nicht ausruhen und wir müssen dranbleiben.

00:13:30: Das ist wichtig.

00:13:31: Was bedeutet Hören in Bezug auf Stimme für Sie?

00:13:34: Die akustische Rückkopplung.

00:13:37: Man hört sich natürlich, es ist nicht nur allein das Hören,

00:13:40: sondern auch die Sensibilität, dass man einen Ton trifft.

00:13:44: Das ist vor dem Hören noch die Einstellung des Ansatzrohres.

00:13:48: Aber das Hören ist natürlich ein ganz wichtiger Aspekt,

00:13:51: dass die Stimme entsprechend funktioniert in der adäquaten Lautstärke.

00:13:57: Und es ist oftmals so, dass man auch erst Kinder,

00:14:00: die auffällig sind durch eine hyper- funktionelle Stimmstörung mit Knötchen,

00:14:05: dass man dann draufkommt in der Abklärung, dass die z. B. ein Hörproblem haben.

00:14:10: Das heißt, jede Stimmstörung,

00:14:12: jeder Patient mit Stimmstörung wird auch audiologisch abgeklärt.

00:14:17: Oder man muss auch Sozialanamnese machen.

00:14:19: Wir hatten einmal eine Patientin, die hat eine Stimmstörung gehabt durch Überlastung

00:14:25: mit sekundärorganischen Veränderungen,

00:14:27: sogenannten Stimmlippenknötchen.

00:14:30: Und in der Anamnese – sie hat selber gut gehört –

00:14:32: sind wir draufgekommen,

00:14:33: dass sie zusammenlebt im Haushalt mit ihrer schwerhörigen Großmutter.

00:14:38: Und da war dann die Empfehlung,

00:14:40: die Großmutter mit Hörgeräten zu versorgen,

00:14:43: damit ihre Stimmprobleme sich bessern,

00:14:45: zusätzlich zur logopädischen Therapie.

00:14:47: Also ihr seid auch ein bisschen Dr. House, ihr müsst schon auch

00:14:50: -zwischen den Zeilen lesen. -Ganzheitliche Sicht, natürlich.

00:14:52: Wir machen auch eine Anamnese,

00:14:53: Berufsanamnese.

00:14:55: Es ist ja auch ganz wesentlich,

00:14:56: welchen Beruf ein Patient, eine Patientin hat

00:15:00: und welche Ansprüche dadurch an die Stimme gestellt werden.

00:15:02: Wenn Sie jetzt ein Hochleistungsakrobat der Stimme sind

00:15:06: wie ein Schauspieler und Sänger,

00:15:08: dann ist das natürlich viel,

00:15:10: viel empfindlicher gegenüber Störungen der Stimme.

00:15:14: Stört viel mehr natürlich, schon Kleinigkeiten

00:15:17: oder die verminderte Belastbarkeit, nicht nur die Heiserkeit,

00:15:20: als wenn jemand keine Anforderungen an seine Stimme im Beruf hat.

00:15:24: Der nimmt die Dinge oftmals dann hin oder sagt …

00:15:27: Manchmal kommen die Patienten und sagen:

00:15:29: „Mich schickt meine Frau oder mein Mann.

00:15:31: Ich will nur wissen, ob was Gefährliches ist,

00:15:33: aber die Heiserkeit stört mich nicht."

00:15:36: Es ist natürlich auch wichtig, das zu erfassen,

00:15:39: weil man kann mit jemandem, der nicht motiviert ist,

00:15:41: ja auch dann nicht eine Stimmtherapie von logopädischer Seite machen,

00:15:44: wenn er das nicht selbst will.

00:15:46: Weil er muss ja dann selber auch etwas tun.

00:15:48: -Aktiv werden. -Aktiv werden.

00:15:49: Es ist nicht so, wie man das Auto in die Werkstätte gibt und

00:15:51: dann wieder abholt und es funktioniert. [übersprechen 00:15:53]

00:15:53: -Es ist praktisch, ja. -Praktisch und bequem.

00:15:55: Oder Tabletten einnehmen geht auch schneller.

00:15:58: Aber die Arbeit an sich selbst ist mühsam, aber sehr lohnend.

00:16:01: Und das ist immer wunderschön, wenn man sieht, wenn das funktioniert.

00:16:06: Was meinen Sie mit Stimmstörungen alles?

00:16:09: Was muss ich da haben, dass ich sage,

00:16:10: ich gehe jetzt zu euch hin und lasse mich mal durchchecken?

00:16:13: Quasi der erste Anlauf,

00:16:14: Partner oder Ansprechstelle ist der niedergelassene HNO-Arzt

00:16:18: und der entscheidet dann:

00:16:20: Braucht der Patient eine Untersuchung an unserer Klinik

00:16:24: oder an unserer klinischen Abteilung oder nicht?

00:16:27: Stimmstörung ist jetzt nicht nur Heiserkeit,

00:16:31: das ist natürlich ein Kardinalsymptom einer Stimmstörung,

00:16:34: aber auch z. B. eine verminderte stimmliche Leistungsfähigkeit,

00:16:38: verminderte stimmliche Belastbarkeit, dass jemand sagt:

00:16:41: „Nach einer halben Stunde habe ich das Gefühl,

00:16:44: ich kann nicht mehr sprechen,

00:16:46: ich habe Missempfindungen in der vorderen Halsregion

00:16:49: oder ich kann nicht mehr in die Höhe oder lauter werden."

00:16:52: Das alles gehört zu dem Komplex der Stimmstörung.

00:16:56: -Das ist ein großes Thema. -Es ist ein großes Thema.

00:16:58: -Nicht nur die Heiserkeit. -Über das man so wenig weiß.

00:17:00: -Ja, genau. -Sehr schön.

00:17:03: Die Stimme ist Ausdruck des Hörens.

00:17:06: Ja, unter anderem, natürlich.

00:17:08: Wenn man sich nicht hört, verändert sich auch die Stimme.

00:17:11: Das kann man selber auch testen.

00:17:13: Es ist ja auch interessant, z. B. eine Vertäubung macht,

00:17:17: dann wird man automatisch lauter und höher.

00:17:21: Das ist z. B. für Lehrer wichtig,

00:17:23: wenn sie gegen Lärmkulisse ankämpfen müssen,

00:17:27: dann wird man automatisch höher und lauter.

00:17:30: Und das ist natürlich für die Stimme eine vermehrte Phonationsarbeit,

00:17:35: unphysiologisch,

00:17:36: und die Gefahr einer Überlastung

00:17:38: und entsprechend dann einer Stimmstörung steigt.

00:17:40: Drum ist also wichtig eine ruhige Umgebung,

00:17:44: nicht gegen eine Lärmkulisse arbeiten müssen stimmlich,

00:17:48: und entsprechend eben auch eine physiologische Sprechtonhöhe,

00:17:52: nicht zu hoch und eben nicht zu laut sprechen,

00:17:55: um hier die Arbeit an der Stimmgebung möglichst gering zu halten.

00:17:59: Das heißt, das kann man bei euch auch trainieren dann?

00:18:02: Bei uns mit logopädischer Therapie, wir behandeln stimmkranke Patienten,

00:18:07: aber es gibt sicherlich auch Möglichkeiten prophylaktisch.

00:18:10: Logopädinnen bieten das oft auch an,

00:18:13: stimmhygienische Beratung,

00:18:15: und auch eigentlich sollte man das in jedem Stimmberuf die Möglichkeit haben,

00:18:19: eine Einführung zu bekommen:

00:18:21: Was mache ich, um eine möglichst physiologische Stimmgebung zu haben,

00:18:26: oder was darf ich eher nicht tun?

00:18:28: Das Bewusstsein machen der Stimmfunktion wäre sicher erstrebenswert.

00:18:33: Ist ja dieses Räuspern auch nicht optimal.

00:18:35: Das ist auch schlecht, weil das ist,

00:18:36: wenn Sie eine Tür zuknallen oder sanft zumachen,

00:18:41: ist das auch hier Stimmlippenschluss, Coup de glotte, wenn das zu stark ist,

00:18:45: das ist natürlich auch eine un- physiologische Belastung der Stimmlippen.

00:18:49: Natürliches Hören und Sprechen ist eines der wichtigsten Ziele überhaupt

00:18:53: -in der Cochlea-Implantat-Rehabilitation. -Ja.

00:18:57: Sie sind ja ganz stark und eng mit MED-EL jetzt über die letzten Jahre,

00:19:01: Jahrzehnte verbunden.

00:19:03: Ich habe angefangen, mein Einstieg,

00:19:05: da war ich eine ganz junge, unerfahrene Assistenzärztin.

00:19:10: Meine ersten Schritte an der Klinik waren im Cochlea-Implant-Team.

00:19:15: -Gleich dort? -Gleich dort, ja.

00:19:17: Ich wurde da hineingesetzt.

00:19:18: Ich war begeistert.

00:19:21: Für mich hat sich da eine neue Welt eröffnet und ich habe gesehen,

00:19:25: wie wunderbar diese Möglichkeit für gehörlose Patienten ist,

00:19:30: wieder hören zu können.

00:19:32: Und es ist natürlich für die Rehabilitation dieser operierten,

00:19:36: implantierten Patienten eben auch wichtig,

00:19:39: nach der Operation entsprechend eine logopädische Therapie zu bekommen.

00:19:45: Natürlich die richtige Anpassung von technischer Seite,

00:19:48: aber auch entsprechend die logopädische Therapie und Förderung.

00:19:53: Jetzt waren Sie damals eine junge Doktorandsstudentin

00:19:56: und haben die Entwicklung quasi hautnah miterlebt, oder?

00:20:00: Haben Sie die Entwickler und Gründer von MED-EL,

00:20:03: die Ingeborg und den Erwin Hochmair, persönlich kennengelernt damals?

00:20:07: -Ich war natürlich- -Wie nah sind Sie da …?

00:20:09: -ganz eine junge Assistenzärztin.

00:20:10: Ich habe die Frau Professor Hochmair wohl gesehen.

00:20:14: Ich war an der Klinik Burian,

00:20:16: aber ich habe keinen persönlichen Kontakt damals natürlich gehabt,

00:20:19: außer bewundernd hier still beobachtend das miterlebt.

00:20:25: Aber es war für mich ein total wirklich augenöffnendes Erlebnis,

00:20:30: wie ich gesehen habe, was da möglich ist.

00:20:33: Das ist natürlich schon eine tolle Entwicklung, wenn man da sieht,

00:20:37: wie sich die Technik weiterentwickelt hat, die Erkenntnisse weiterentwickelt haben.

00:20:42: Was daraus geworden ist, ist fantastisch.

00:20:45: Am 16. Dezember 1977 wurde das erste Mehrkanal-Cochlea-Implantat

00:20:49: an der HNO-Universitätsklinik in Wien gesetzt.

00:20:52: Da hat man schon gespürt, das ist was Großes, was da passiert, oder?

00:20:56: Absolut.

00:20:57: So alt bin ich noch nicht, dass ich damals an der Klinik war, 1977.

00:21:01: [übersprechen 00:21:01]

00:21:02: Ich war 1986, also noch ein bisschen weiter.

00:21:06: Jetzt sage ich nicht, wie alt ich bin, aber man kann sich's ausrechnen.

00:21:11: -Aber wie gesagt- -Es hat sich ja dann schon viel getan,

00:21:14: -77 bis 86. -Natürlich, ja.

00:21:18: Es ist wirklich, muss man sagen,

00:21:21: eine der tollsten Entwicklungen in der Medizin,

00:21:24: dass man hier ein Sinnesorgan zumindest so weit fit macht wieder,

00:21:31: oder nicht das Organ, aber das Hören,

00:21:33: dass die Leute wirklich Teilhabe haben, akustische Teilhabe am Leben

00:21:37: und dadurch auch an der verbalen Kommunikation.

00:21:40: Ist das auch ein Grund, warum Sie das HNO-Fach gewählt haben?

00:21:45: Teilweise.

00:21:47: Meine Motivation, ich kam von der Stimme her,

00:21:49: weil ich von der Musik sehr begeistert bin

00:21:52: und für mich auch die Stimme eine ganz wesentliche Ausdrucksform ist.

00:21:57: Und ich habe gewusst, dass mein Talent jetzt,

00:21:59: mich stimmlich beruflich zu betätigen,

00:22:02: nicht in ausreichendem Maß vorhanden ist.

00:22:05: Da habe ich mir gedacht, dann möchte ich wissen,

00:22:07: möchte mich auskennen: Wie funktioniert die Stimme?

00:22:09: Und das war meine Motivation, Medizin studieren zu wollen.

00:22:13: Und ich habe Medizin studiert, weil ich wusste,

00:22:15: ich will HNO-Fachärztin werden.

00:22:17: Und ich würde es wieder machen, muss ich ehrlich sagen.

00:22:20: Es ist auch ein spannendes Betätigungsfeld, das ziemlich breit ist.

00:22:22: -Absolut. -Man weiß gar nicht so viel drüber.

00:22:25: Es ist sehr vielfältig, wie gesagt, ein buntes Patientengut,

00:22:29: sehr viele interdisziplinäre Vernetzungen,

00:22:32: sei es mit Logopädie,

00:22:34: aber auch mit anderen therapeutischen Berufen,

00:22:36: mit anderen medizinischen Fachdisziplinen,

00:22:39: mit pädagogischen Disziplinen,

00:22:41: wenn man an die Sprachheilpädagogik denkt oder Gesangspädagogik.

00:22:45: Wir haben sehr, sehr viele Partner und Partnerinnen.

00:22:49: Und das fördert natürlich,

00:22:50: den Blick ein bisschen weiter zu richten und einen Horizont zu bekommen,

00:22:55: der ein bisschen über das Medizinische auch hinausgeht,

00:22:58: -also eine ganzheitliche Sicht. -Austausch ist aber wichtig.

00:23:00: -Ganz wichtig. -Wenn Sie sagen,

00:23:02: dass das so engmaschig und …

00:23:03: Ja, absolut.

00:23:06: Das ist sehr befruchtend und man lernt jeden Tag enorm viel dazu.

00:23:09: Und das ist schön.

00:23:11: Jetzt kommen da sehr viele Patienten,

00:23:14: jeder mit seiner eigenen Geschichte.

00:23:16: Sie versuchen zu helfen.

00:23:18: Sie haben auch Cochlea-Implantat-Patienten,

00:23:22: denen Sie weiterhelfen.

00:23:23: Wie ist das, dieser lange Weg?

00:23:25: Es ist ja doch ein Weg, den man gemeinsam geht.

00:23:28: Und wenn man dann sieht, wenn sie das erste Mal Musik hören,

00:23:30: wie es ihnen dabei geht, oder selbst musizieren wieder,

00:23:33: was viele ja nicht glauben, was man alles damit dann machen kann.

00:23:36: Es ist fantastisch.

00:23:38: Wie gesagt, ich arbeite in der Phoniatrie,

00:23:40: das heißt, ich begleite diese Patienten jetzt nicht vonseiten der Implantation,

00:23:46: aber wir haben die Möglichkeit, dann auch diese Patienten,

00:23:50: wenn wir sie zugewiesen bekommen, zu evaluieren.

00:23:53: Oder ich habe in meiner Anfangszeit das hautnah miterlebt.

00:23:58: Und das ist wirklich fantastisch, wenn die Leute wieder erzählen,

00:24:02: sie können hören,

00:24:03: oder ich kann mich erinnern an einen Patienten,

00:24:05: der postlingual ertaubt ist,

00:24:08: der in der Bundesbahn als Schalterbeamter gearbeitet hat

00:24:11: und der wieder seinen Beruf, den Schalterdienst, ausüben konnte.

00:24:15: Und das ist natürlich fantastisch,

00:24:17: wenn jemand wieder sozial völlig eingegliedert ist,

00:24:20: auch in seinen Berufsalltag.

00:24:22: Das gibt sehr viel auch psychische Energie wieder für diese Patienten.

00:24:27: Also schöne Happy Ends haben Sie da schon miterlebt.

00:24:29: Sicher, ja.

00:24:31: Weil Sie es schon öfters angesprochen haben heute: Musik und Hören.

00:24:34: Das ist ganz, ganz wichtig für Sie, auch persönlich sehr, sehr wichtig.

00:24:37: Sie sind leidenschaftliche Sängerin?

00:24:39: Ich bin leidenschaftliche Zuhörerin.

00:24:42: Sängerin nur, wenn mir niemand zuhört.

00:24:45: Die Klangqualität ist ja gerade bei Musikern und bei Musikerinnen

00:24:48: von entscheidender Bedeutung.

00:24:50: Welche Erfahrungen haben Sie denn da?

00:24:53: Wie gesagt, die Stimme selber als Phänomen,

00:24:56: vor allem im künstlerischen Aspekt,

00:24:58: ist ja nicht nur physikalisch analysierbar und erklärbar.

00:25:03: Es ist natürlich: Um etwas wahrzunehmen, muss man gut hören.

00:25:08: Das ist ganz entscheidend,

00:25:10: weil man einfach, wenn man jetzt eine Hörstörung hat,

00:25:13: einfach nicht entsprechend ein Hören der Qualität haben kann.

00:25:20: Und das ist entsprechend …

00:25:22: Natürlich merkt man erst, wenn es nicht funktioniert.

00:25:28: Auch für die Stimmproduktion ist natürlich das Gehör wichtig.

00:25:32: Man muss nur mit Sängern sprechen, die jetzt auch einen akuten Infekt haben

00:25:36: und jetzt einen Tubenkatarrh haben,

00:25:39: dass das Hören natürlich auch für die Kontrolle der Stimmfunktion

00:25:42: entsprechend wichtig ist.

00:25:45: Und die Musiktherapie bei CI-Trägern?

00:25:52: Da habe ich jetzt wenig persönliche Erfahrung damit,

00:25:54: aber eine Musiktherapie generell ist natürlich auf jeden Fall,

00:26:01: wenn man auch die Studienlage da anschaut, sinnvoll,

00:26:05: weil es hängt natürlich auch davon ab,

00:26:08: von den persönlichen Vorlieben der Betroffenen.

00:26:11: Aber Musik ist sicherlich etwas, was förderlich ist.

00:26:16: Wir haben auch die Musik z. B. beim Spracherwerb,

00:26:19: das Singen von Kinderliedern,

00:26:21: das hat auch gezeigt,

00:26:22: dass das einen guten Einfluss auf die Sprachentwicklung hat,

00:26:26: und das ist auch hier natürlich bei Cochlea-Implant-Trägern ganz wichtig,

00:26:31: vor allem, wenn sie dann selber wieder musizieren können.

00:26:33: Das ist etwas, glaube ich, ganz Berührendes-

00:26:36: Waren das die Glücksgefühle, die Sie vorhin angesprochen haben?

00:26:39: Ja, absolut.

00:26:41: MED-EL ist ja hier federführend.

00:26:43: Aufgrund der Möglichkeit, die Elektroden tief einzuführen,

00:26:46: können wesentlich mehr Frequenzen stimuliert werden

00:26:48: als bei Konkurrenzprodukten.

00:26:49: Wenn man z. B. auf MED-EL auf der Homepage ist,

00:26:52: da gibt's von Dave Brubeck den Song Take Five

00:26:55: und da gibt's so das Klangerlebnis, dass man hört den Unterschied,

00:26:59: wenn die Elektrode tief eingeführt würde, also lange Elektrode und kurze Elektrode,

00:27:05: wie man das hören kann.

00:27:06: Der Unterschied ist enorm, finde ich.

00:27:09: Das ist fantastisch, wie technische Errungenschaften

00:27:14: sich dann letztendlich auf das Hörerlebnis auswirken.

00:27:18: Extrem.

00:27:20: Drum ist es ein Meilenstein und ich freue mich schon auf die Zukunft,

00:27:24: welche Entwicklungen vielleicht noch im Weiteren möglich sein werden.

00:27:28: An so was haben wir vor vielen Jahren ja gar nicht gedacht,

00:27:31: dass es mal so weit kommen kann.

00:27:35: Die Cochlea-Implantat-Zeit, also die Jahrzehnte,

00:27:38: die da jetzt schon das produziert wird in Innsbruck,

00:27:41: ist spannend. Es gibt immer noch Menschen,

00:27:43: die sagen: Warum sollte ich das machen bei meinem Kind?

00:27:46: Was raten Sie diesen Eltern, die gerade erfahren haben,

00:27:50: ihr Kind ist beidseitig, einseitig ertaubt?

00:27:53: -Das ist ein ganz schwieriges Thema. -Ist so eine schwere Entscheidung.

00:27:57: Sie sind auch Mama eines Sohnes.

00:27:59: Was könnten Sie diesen Menschen raten?

00:28:01: Wir machen den Podcast ja auch für Menschen,

00:28:03: damit wir sie sensibilisieren für das Thema,

00:28:06: damit wir ihnen zeigen:

00:28:07: Es gibt Hoffnung. Gibt's etwas?

00:28:09: Diese Eltern müssen natürlich wirklich interdisziplinär auch aufgefangen werden

00:28:14: und beraten werden und mit psychologischem Support,

00:28:17: weil da bricht eine Welt zusammen

00:28:20: und das dauert auch einige Zeit,

00:28:23: bis man das verarbeitet.

00:28:24: Das muss man auch verstehen,

00:28:26: das kann man nicht so auf Knopfdruck sagen:

00:28:28: „Ihr Kind hört schlecht, auf Wiedersehen."

00:28:31: Aber man muss den Eltern, glaube ich, auf jeden Fall sagen, wie wichtig es ist,

00:28:35: dass sie dem Kind alle Chancen geben,

00:28:37: weil gerade das Hören ist wichtig für die Sprachentwicklung

00:28:40: und für die gesamte Entwicklung eines Menschen.

00:28:44: Die Sprachentwicklung ist ja eingebettet in die allgemeine Entwicklung

00:28:47: und man soll dem Kind alle Chancen geben, die es bekommen kann.

00:28:52: Und daher ist auch wichtig, das Hören zu ermöglichen,

00:28:56: die verbale Sprachentwicklung zu ermöglichen,

00:28:59: eine Teilhabe im Leben zu ermöglichen, im Berufsfeld.

00:29:02: Und ich glaube, das ist ganz wichtig, dass man das den Eltern zeigt,

00:29:05: und oftmals auch der Kontakt mit einem implantierten Kind hilft dann,

00:29:10: wenn sie sehen: Wie funktioniert das in der Praxis?

00:29:14: Das, glaube ich, sind dann schon Argumente,

00:29:16: die in den Eltern eventuell Misstrauen oder Ablehnung

00:29:21: helfen entsprechend dann zu überwinden.

00:29:25: Haben Sie solche Gespräche auch jemals geführt?

00:29:28: Konnten Sie Eltern begleiten?

00:29:31: Nein.

00:29:32: Ich weiß, das ist jetzt nicht Ihr Themenbereich,

00:29:34: aber dass man vielleicht auch mithilft.

00:29:36: Ja, absolut.

00:29:38: Wenn wir Kinder auffällig diagnostizieren,

00:29:42: weil zu uns kommen die Kinder mit einer auffälligen Sprachentwicklung,

00:29:47: dann ist es sicherlich wichtig,

00:29:49: viel Zeit den Eltern zu geben und sich mit ihnen auseinanderzusetzen

00:29:55: und auch ihre Bedenken und ihre Argumente entsprechend auch ernst zu nehmen

00:30:00: und auch zu zerstreuen und ihnen zu zeigen,

00:30:03: dass es einen Weg gibt, aus dieser Isolation –

00:30:08: weil Nichthören ist ja letztendlich eine soziale Isolation –

00:30:12: herauszukommen und dass sie dem Kind diese Chance geben müssen eigentlich.

00:30:18: Was heißt müssen, aber wir wollen einem Kind die besten Chancen geben.

00:30:23: -Und in Österreich ist das möglich. -In Österreich ist das möglich, genau.

00:30:26: Weil Sie gesagt haben, man muss den Eltern Zeit geben:

00:30:28: Wie lange sollte man sich denn Zeit lassen?

00:30:30: Das ist individuell.

00:30:31: [übersprechen 00:30:31] saß hier und hat gesagt: „Ganz schnell."

00:30:34: Ich rede jetzt nicht von Monaten Zeit geben,

00:30:36: aber wir finden es sinnvoll, ein Kind bis zum ersten Lebensjahr,

00:30:41: wenn es gehörlos ist oder hochgradig hörgestört ist,

00:30:46: zu implantieren.

00:30:48: Es gibt eine sensible Phase für den Spracherwerb

00:30:51: und da soll man die Zeit geben,

00:30:53: aber jetzt nicht über das erste Lebensjahr hinaus.

00:30:55: Ich meinte, dass man nicht sagt:

00:30:57: „Übermorgen kommen Sie und Sie unterschreiben

00:31:00: „und dann will ich Ihre Entscheidung", sondern dass man jetzt –

00:31:03: das ist ein Zeitraum von Tagen, Wochen – die Eltern begleitet,

00:31:07: aber ihnen schon klarmacht,

00:31:09: dass sie jetzt sich nicht Jahre entscheiden können,

00:31:12: dann erst, was sie tun,

00:31:13: sondern dass sie eine Entscheidung für eine Implantation

00:31:17: z. B. innerhalb des ersten Lebensjahres machen sollen,

00:31:22: um dem Kind wirklich die bestmöglichen Chancen zu geben.

00:31:25: -Dass es dann bald zu sprechen beginnt. -Genau.

00:31:28: Sie müssen dann weiterarbeiten, die Logopäden.

00:31:30: Absolut. [übersprechen 00:31:31]

00:31:31: Die Frühförderung, das ist auch ganz entscheidend.

00:31:33: Und wir haben gesehen, wie wichtig die Rolle der Eltern auch ist,

00:31:37: die Eltern mit einzubinden, auch in diese Frühförderung,

00:31:40: in die Hörfrühförderung müssen die Eltern mit eingebunden werden.

00:31:46: Es hat sich auch gezeigt, je engagierter die Eltern sind,

00:31:48: auch natürlich die Information

00:31:52: und der Bildungsgrad der Eltern spielen auch eine Rolle,

00:31:55: aber ganz entscheidend ist, die Eltern hier eingebunden zu haben.

00:32:00: -Alle müssen in einem Boot- -Wir sitzen alle in einem Boot.

00:32:04: Und es gibt wirklich engagierte Beispiele in Österreich,

00:32:09: wie diese Frühförderung auch passiert,

00:32:11: wie auch Frühförderungen zu den Familien hingehen,

00:32:15: um hier entsprechend auch schwierigere Bedingungen aufzufangen.

00:32:19: Das ist ganz, ganz wichtig.

00:32:21: -Sie haben gesagt soziale Isolation. -Ja.

00:32:23: Gibt's aber auch dann bei den älteren Herrschaften.

00:32:27: Da beginnt es dann auch wieder.

00:32:28: Das ist auch ganz entscheidend.

00:32:30: Auch z. B. bei einer Stimmstörung im Alter,

00:32:33: also bei einer Presbyphonie.

00:32:35: Es gibt ja nicht nur eine Presbyakusis, auch eine Presbyphonie,

00:32:39: also eine Stimmstörung bei alten Menschen,

00:32:41: die jetzt nicht nur die physiologische Alterung meint,

00:32:45: ist das Gehör ganz entscheidend.

00:32:47: Und wir versuchen dann auch, diese Patienten, wenn es indiziert ist,

00:32:51: zu einer Hörgeräteversorgung zu bringen.

00:32:55: Es ist auch so, dass Isolation oder auch die Deprivation von Schallanregung

00:33:00: auch ein Risikofaktor für Demenz ist.

00:33:02: Das heißt, hier ist es ganz wichtig,

00:33:04: auch die älteren Patientinnen dazu zu bringen, aktiv zu sein.

00:33:10: Und das Hörgerät ist kein Verstehgerät.

00:33:12: Es ist also nicht so, dass man das Hörgerät einmal hineinnimmt

00:33:16: und erwarten kann,

00:33:17: jetzt ist der normale Eindruck und ich mache Schnipp.

00:33:21: Das Gehirn muss sich auch daran gewöhnen.

00:33:22: Das Hörgerät hilft nichts im Nachtkästchenladerl,

00:33:27: sondern das muss getragen werden.

00:33:29: Daran muss man sich gewöhnen.

00:33:30: Das Gehirn muss wieder lernen,

00:33:32: störende Schalleindrücke auch auszublenden, weil das können wir ja.

00:33:36: Ich höre auch draußen, dass jetzt die Autos vorbeifahren,

00:33:39: aber ich bin fokussiert auf das Gespräch.

00:33:42: Und so ist es auch wichtig,

00:33:44: dass hier entsprechend auch eine Information der älteren Patienten da ist

00:33:49: und dass sie wissen,

00:33:51: wie sie ihr Hörgerät auch dann am besten nutzen können.

00:33:53: Da gibt's auch sicher viele Studien, oder?

00:33:56: Ja.

00:33:57: Ältere Menschen, die nicht gern zum Arzt gehen.

00:33:59: Absolut, ja.

00:34:00: -Männer und Frauen … -Das ist sehr individuell unterschiedlich.

00:34:04: Ja, die Frauen sind da eher aktiver.

00:34:07: Das ist nicht ein Vorurteil, aber es ist meistens.

00:34:11: Und entsprechend natürlich muss man auch familiär,

00:34:16: wenn ein Umfeld entsprechend da ist,

00:34:17: natürlich, ist es besser,

00:34:19: weil die Leute dann auch einen gewissen Kommunikationsbedarf haben.

00:34:23: Wenn sie ganz alleine leben, sagen oft viele:

00:34:25: „Warum soll ich ein Hörgerät haben? Mit mir spricht ja niemand."

00:34:29: Dass man ihnen aber zeigt, das ist der Weg aus der Isolation

00:34:32: und sie haben dann wieder mehr die Möglichkeit,

00:34:34: mit anderen zu kommunizieren und Anschluss zu finden.

00:34:37: Aber das ist wirklich ein großes Thema, auch in unserer Zeit,

00:34:40: wo Demenz ein Problem immer größer werdend für die Gesellschaft darstellt.

00:34:45: Aber das Hören ist ganz entscheidend auch hier.

00:34:48: Ich sehe schon: die Jungen, die Kleinen, und dann auch die Älteren.

00:34:52: -Alle eigentlich natürlich immer- -die dazwischen sind.

00:34:56: -Wir alle. -Wir alle.

00:34:58: Wenn wir hören dürfen,

00:35:00: dann müssen wir auf unsere Ohren aufpassen,

00:35:02: damit es auch so bleibt, dass wir entsprechend hören.

00:35:08: Es gibt auch ein kostenloses Musiktraining mit Meludia auf MED-EL,

00:35:12: das ich mir auch angeschaut habe.

00:35:13: Wenn Sie da Lust haben, mal reinzuhören: medel.com.

00:35:18: Fällt mir jetzt auch gerade ein.

00:35:20: Studien, gibt's da was Interessantes, was Sie uns berichten können,

00:35:24: was gerade aktuell ist?

00:35:26: Jetzt von der Seite z. B. mit Konnex Hören

00:35:32: ist natürlich von der Sprachentwicklung, dass man weiß, z. B., dass Kinder,

00:35:38: die auch mit Musik in Kontakt kommen im Bereich der Förderung,

00:35:43: dass also auch Kinder, die musizieren,

00:35:46: entsprechend einen Vorteil haben in der Sprachproduktion,

00:35:50: in der Sprachentwicklung.

00:35:53: Bei hörgestörten Kindern,

00:35:54: aber auch bei Kindern in der normalen Sprachentwicklung

00:35:58: ist ganz wichtig der akustische Input persönlich.

00:36:01: Also nicht jetzt die Kinder vor den Fernseher setzen

00:36:04: oder vor dem iPad hinsetzen und sagen:

00:36:07: „Mein Kind", sagen manchmal die Eltern,

00:36:09: „hat ja genug sprachliche Anregung."

00:36:13: Das ist nicht der Fall,

00:36:14: sondern es ist die persönliche Interaktion,

00:36:16: das Vorlesen, das gute alte Vorlesen,

00:36:20: das gute alte Singen mit dem Kind.

00:36:22: Das ist ganz wichtig und das Musizieren überhaupt in unserer Gesellschaft,

00:36:25: das ein bisschen in Vergessenheit geraten ist.

00:36:29: Das ist auch ein ganz wesentlicher Faktor, diese musikalische Früherziehung auch,

00:36:34: dass das auch einen positiven Einfluss hat auf das Hören bei sowohl Kindern,

00:36:40: die normal hören, als auch hörgestört sind.

00:36:43: Das ist ein, glaube ich, Pluspunkt, den man bekommen kann.

00:36:48: [übersprechen 00:36:49]

00:36:51: Musik hören, das ist ganz entscheidend.

00:36:53: Ich glaube, das kommt wieder ein bisschen zurück.

00:36:55: Ich hoffe. [übersprechen 00:36:56]

00:36:57: Oder auch z. B. familiärer Kontext,

00:36:59: das ist auch für hörgestörte Kinder ganz wichtig,

00:37:02: implantierte Kinder, wenn ein Familienverband ist.

00:37:05: Ich weiß, es haben nicht alle das Glück, in so einem Familienverband zu leben,

00:37:10: aber dass das auch positiv sich auswirkt, weil man gemeinsame Mahlzeiten hat,

00:37:15: wo man miteinander verbal kommuniziert,

00:37:17: weil natürlich der Faktor der psychischen Geborgenheit auch eine Rolle spielt.

00:37:22: Emotional ist das auch etwas, was man nicht vergessen sollte.

00:37:27: Dieses Geborgensein, jetzt auch emotional,

00:37:31: macht viel aus.

00:37:34: Ja, da ist viel dabei,

00:37:37: was einen zum Nachdenken anregt, muss ich ehrlich sagen.

00:37:40: Weil Sie dauernd von Musik reden:

00:37:43: Spielen Sie auch ein Instrument oder ist es eher die Stimme?

00:37:47: Nein, ich habe in meiner Jugend – ist schon einige Zeit her –

00:37:51: sehr gerne Klavier gespielt.

00:37:53: Ich habe viel zu wenig geübt aus heutiger Sicht,

00:37:55: sondern habe mich mehr dem Genuss hingegeben.

00:38:00: Und ich habe dann im Berufsleben leider nicht mehr regelmäßig geübt

00:38:05: und dadurch weiß man, was dann nicht mehr geht.

00:38:08: Und dann spielt man nur Weihnachten und ab und zu einen Schubert-Walzer,

00:38:11: was ja ein bisschen wenig ist.

00:38:13: Aber ich habe dadurch sicher einen sehr aktiven Zugang zur Musik bekommen

00:38:20: und habe Klavierauszüge von Opern am Klavier dann intensiv studiert

00:38:26: und habe dadurch eine große Liebe auch entwickeln können für die Musik vom Opa,

00:38:33: aber auch für das Lied, auch Instrumentalmusik.

00:38:37: Ich kann mir persönlich ein Leben ohne Musik schwer vorstellen.

00:38:40: Oder ich bin wie ein Schwamm.

00:38:41: Wenn ich einmal irgendwie nicht so viel mit Musik zu tun habe,

00:38:44: dann sauge ich das wieder auf.

00:38:47: Ich brauche das für mich selbst.

00:38:49: Ist das Erholung für Sie, so wie Meditieren?

00:38:51: Ja, jeder hat seine Form des Zuganges, wie er Erholung hat.

00:38:58: Wenn ich die Möglichkeit habe, dann höre ich Musik.

00:39:02: Aber klassische Musik?

00:39:03: Ja.

00:39:05: Teilweise gibt's auch vielleicht ein paar andere Sachen.

00:39:08: Ich lerne z. B. von meinem Sohn sehr viel, der hört Rapmusik.

00:39:14: Ich sage immer, ich höre mir das auch an.

00:39:18: Ich sage, es ist wichtig, dass ich das auch weiß.

00:39:23: Und dann hört er sich meine Musik an.

00:39:25: -Also wir haben da einen Deal. -Guter Kompromiss.

00:39:27: Wir haben einen Deal und wir hören uns das gegenseitig an.

00:39:29: Wenn er auf Konzerte geht, dann sage ich immer: „No tinnitus."

00:39:34: Er muss sich zumindest ein bisschen schützen,

00:39:37: dass er sich einen Ohrschutz hineinnimmt.

00:39:42: Ich bin nicht dabei, ich weiß jetzt nicht, ob er es tut,

00:39:44: aber der fromme Wunsch ist, dass er es tut.

00:39:47: Der hat so viel wahrscheinlich miterlebt,

00:39:49: wenn die Mama am Abend heimkommt und erzählt.

00:39:51: Das muss nicht immer sein, dass man das auch umsetzt.

00:39:53: Aber ich hoffe es.

00:39:55: Ich bin eine alte Optimistin.

00:39:57: Aber haben Sie Ihre Musikbegeisterung dem Sohnemann übertragen?

00:40:02: Nicht unbedingt.

00:40:03: Prinzipiell schon, er hat Klavier gespielt,

00:40:06: aber anders in der Begeisterung als ich.

00:40:10: Aber jeder hat seinen eigenen Zugang.

00:40:12: Aber er prinzipiell hört Musik und auch Rapmusik ist eine Form der Musik.

00:40:16: Aber er geht mit mir auch in klassische Konzerte.

00:40:18: Das finde ich schön, dass ihr da so einen Kompromiss gefunden habt.

00:40:22: Also Sie entspannen sich über die Musik?

00:40:24: Ja, absolut.

00:40:28: Ich muss sagen, in meinem Elternhaus hat die Musik auch eine große Rolle gespielt.

00:40:32: Daher kommt die Liebe.

00:40:33: Und ich habe das so ein bisschen mitbekommen.

00:40:36: Mein Vater hat hobbymäßig in einem Orchester gespielt,

00:40:39: meine Mutter hat auch Klavier gespielt.

00:40:40: Es gab immer ein bisschen Musik bei uns zu Hause.

00:40:43: Und gesungen haben Sie nie?

00:40:46: Ja, schon, aber nicht vor Publikum.

00:40:49: Ich habe ein bisschen Gesangsstunden genommen, durchaus.

00:40:53: Die Liebe ist total da.

00:40:55: Ich habe schon ein bisschen was gemacht, aber man muss seine Grenzen auch kennen.

00:41:01: Wenn ich die Begabung hätte, gäbe es für mich nix anderes.

00:41:04: Aber ich weiß meine Grenzen.

00:41:06: Aber es ist wunderschön, sich dafür zu begeistern.

00:41:09: -Es muss auch ein gutes Publikum geben. -Stimmt.

00:41:12: Wenn Sie so auf Stimmen sind, können Sie gut Stimmen auseinanderhalten?

00:41:15: Erkennen Sie gut Stimmen?

00:41:16: Teilweise. Natürlich gibt es Stimmen, die man erkennt, sofort,

00:41:20: die also einen hohen Wert der Wiedererkennung haben,

00:41:24: wie z. B. Maria Callas oder Agnes Baltsa,

00:41:29: Carreras, Domingo, Pavarotti.

00:41:31: Die ganz Großen haben einen hohen Wiedererkennungswert.

00:41:35: Was ist Ihre Lieblingsstimme, wen hören Sie am liebsten?

00:41:39: Das ist schwierig,

00:41:40: -weil man will auch niemanden ausgrenzen. -Muss jetzt kein Sänger sein.

00:41:46: Es sind natürlich Hörerlebnisse auch damit verbunden.

00:41:50: Fritz Wunderlich, den ich nie persönlich gehört habe,

00:41:54: den habe ich auf Tonträgern gehört.

00:41:58: Mein Vater hat ihn persönlich gehört und meine Mutter, ich nicht.

00:42:01: Aber ich finde, das ist eine unglaublich hohe Kunst des Gesangs.

00:42:06: Natürlich, Mirella Freni ist für mich, Agnes Baltsa, José Carreras.

00:42:11: Das war meine Jugend, die ich erlebt habe.

00:42:14: Das sind Stimmen, die enorm viel …

00:42:15: Natürlich muss man auch die heutigen Stimmen akzeptieren und lieben lernen.

00:42:21: Und da habe ich durchaus viele Favorites.

00:42:24: Sich dran gewöhnen auch, gell?

00:42:27: Man muss sagen, es waren schöne Zeiten.

00:42:28: Man darf also nicht hingehen und sagen, es gibt nichts anderes mehr.

00:42:31: Aber es gibt schon epochale Klangerlebnisse,

00:42:36: die man dann so in ein Schatzkästlein hineingibt und sagt,

00:42:39: das war's, was man jetzt ultimativ irgendwie erwartet hat.

00:42:44: Was wünschen Sie sich für die Zukunft, wenn Sie jetzt an Ihren Job denken?

00:42:50: Generell die Möglichkeit, eine gute Medizin zu machen,

00:42:54: auch von der Gesellschaft die Bereitschaft,

00:42:56: dafür Geld in die Hand zu nehmen.

00:42:59: Könnte da auch mehr passieren?

00:43:01: Immer mehr, natürlich,

00:43:02: auch eine gewisse Wissenschaftsoffenheit

00:43:06: oder keine Skepsis gegenüber der Wissenschaft,

00:43:09: das ist ein großes Anliegen.

00:43:12: Natürlich wünsche ich mir,

00:43:15: dass sehr viel mit Artificial Intelligence uns helfen wird,

00:43:20: z. B. eine Befundsicherheit.

00:43:22: Ich glaube nicht, dass ein Arzt, eine Ärztin ersetzt werden kann,

00:43:26: aber dass man eine bessere Befundung

00:43:30: oder auch bei weniger Erfahrenen

00:43:34: eine Hilfestellung durch Artificial Intelligence geben kann.

00:43:37: Passiert das jetzt schon?

00:43:39: In der Praxis jetzt in der HNO noch nicht, aber man könnte in der Dermatologie z. B.,

00:43:45: dass man, wenn man Tausende Befunde eingibt,

00:43:49: jetzt eine Früherkennung von bösartigen Tumoren dadurch leichter möglich ist.

00:43:54: Aber nicht quasi als Ersatz für den Arzt,

00:43:57: aber als Hilfestellung.

00:43:59: Teilweise in der Onkologie in der HNO

00:44:01: -passiert so was. -Mammographie, bei mir war das jetzt so.

00:44:03: Genau, Radiologie.

00:44:07: In der HNO-Onkologie gibt's Beispiele.

00:44:10: In der Phoniatrie versucht man z. B. auch, morphologische Befunde,

00:44:15: wenn man entsprechend viele dann einspeichert,

00:44:19: jene Früherkennung auch in der Laryngologie vielleicht zu verbessern.

00:44:24: -Das wäre ein Punkt. -Das wäre ein Punkt.

00:44:26: Dann Stammzellforschung.

00:44:28: Ich meine, das wäre ideal, wenn man zusätzlich zu einer Implantation

00:44:32: vielleicht irgendwelche Haarzellen wieder wachsen lassen kann.

00:44:36: Das wäre natürlich auch ein Faktor, der eine Rolle spielt.

00:44:40: Ich glaube, dass die Dinge oftmals nicht „entweder oder" sind,

00:44:44: sondern dass man viele unterschiedliche Puzzlesteine

00:44:47: dann zu einem Bild zusammenführen kann.

00:44:50: Das klingt unheimlich schön.

00:44:53: -Viel Erfolg weiterhin. -Vielen herzlichen Dank.

00:44:55: Danke vielmals für Ihr Engagement und alles Gute.

00:44:59: Danke für die Einladung.

00:45:01: Wenn Sie Interesse haben an weiteren Hörgesprächen,

00:45:04: dann bitte klicken Sie rein.

00:45:05: Sinnvolles aus dem Leben, überall abrufbar.

00:45:08: Und ich bedanke mich sehr für Ihre mitfühlende Art,

00:45:12: auch wie Sie an die Dinge rangehen.

00:45:13: Ich glaube, dass es sehr schön ist, von Ihnen behandelt zu werden.

00:45:16: Das ist ganz lieb, die Begeisterung ist immer da.

00:45:19: Und das spürt man bei Ihnen total und das finde ich super.

00:45:22: Bitte behalten Sie sich das.

00:45:23: -Danke. -Danke vielmals.

00:45:25: Bis zum nächsten Mal. Danke für dieses Hörgespräch.

00:45:27: Wir freuen uns auf das nächste Mal mit Ihnen.

00:45:29: -Wiedersehen, Wiederhören. -Vielen Dank.

00:45:30: Zum Schluss: Persönliches über das Hören.

00:45:35: Gibt es einen Hörmoment, der Sie besonders berührt?

00:45:39: Viele. Es ist schwierig, sich zu entscheiden.

00:45:42: Aus privater Sicht war das der erste Schrei und die ersten Worte meines Sohnes.

00:45:48: Sonst habe ich viele wunderschöne Hörerlebnisse in Oper und Konzertsaal.

00:45:53: Wenn ich eines herausnehmen muss,

00:45:55: ist das der Tod des Marquis Posa in Don Carlo,

00:45:58: der, wenn dann die Flöte ins Spiel kommt,

00:46:01: so emotional ist, dass ich dann ein Taschentuch brauche.

00:46:04: Ich gebe es zu, immer noch nach dem 50. Mal Hören.

00:46:08: Welche Botschaft haben Sie an unsere Zuseher?

00:46:12: Die Welt des Hörens ist unglaublich faszinierend.

00:46:16: Wir nehmen sie als selbstverständlich an, wenn wir sie haben, aber tun Sie alles,

00:46:20: um das Gehör zu erhalten und gehen Sie nicht leichtfertig damit um.

00:46:25: Wäre Ihr Leben ohne Gehör anders verlaufen?

00:46:29: Das kann ich eigentlich nicht beantworten.

00:46:32: Aus der Sicht als HNO-Ärztin hätte ich alles unternommen,

00:46:37: um einen Zugang zum Hören zu bekommen.

00:46:40: Ich hätte mich wahrscheinlich einer Cochlea-Implantation unterzogen,

00:46:44: wenn ich gehörlos gewesen wäre.

00:46:47: Aber das Leben wäre um vieles schwieriger gewesen und man hätte kämpfen müssen.

00:46:52: Aber man wächst vielleicht mit seiner Aufgabe.

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